Regierungsbildung in Spanien Sieg ohne Triumph für Mariano Rajoy

Madrid · Nach 315 Tagen politischer Hängepartie hat Spanien mit Mariano Rajoy wieder einen richtigen Regierungschef. Doch seine Minderheitsregierung wird es schwer haben.

 Im Dezember 2015 hatte Mariano Rajoy(links) in der nationalen Wahl seine absolute Mehrheit verloren und es anschließend nicht geschafft, eine tragfähige Regierung aufzustellen.

Im Dezember 2015 hatte Mariano Rajoy(links) in der nationalen Wahl seine absolute Mehrheit verloren und es anschließend nicht geschafft, eine tragfähige Regierung aufzustellen.

Foto: dpa

Ernstes Gesicht, mahnende Worte. Spaniens nach langem Tauziehen bestätigter Ministerpräsident Mariano Rajoy, der künftig mit einem Minderheitskabinett regieren muss, machte nach seiner Wahl im Parlament keinen zufriedenen Eindruck. Vermutlich weil er ahnte, dass ihm eine schwierige Zeit bevorsteht. Und dass seine Regierung schnell scheitern könnte, wenn die oppositionelle Mehrheit im Parlament nicht den kommenden Haushalt stützt und seine politisches Programm blockiert.

Das spanische Parlament hatte Rajoy am Samstagabend mit einfacher Mehrheit das Vertrauen ausgesprochen. Damit endete vorläufig und nach 315 Tagen eine politische Hängepartie, in welcher der Konservative nur noch geschäftsführend im Amt war und in Spanien keine Gesetze mehr beschlossen werden konnten. Der 61-Jährige, der seit 2011 am Ruder ist, hatte im Dezember 2015 in der nationalen Wahl seine absolute Mehrheit verloren und es anschließend nicht geschafft, eine tragfähige Regierung aufzustellen.

In der entscheidenden Parlamentsabstimmung am Wochenende bekam Rajoy nun endlich eine Mehrheit zusammen: 170 Abgeordnete stimmten für ihn, 111 gegen ihn, 68 enthielten sich. Die für Rajoys politisches Überleben entscheidenden Enthaltungen kamen durchweg aus den Reihen der oppositionellen Sozialisten, deren Parteispitze nach zehn Monaten Weigerung überraschend beschlossen hatte, den Weg für Rajoy freizumachen. Dieser Kurswechsel bescherte der Sozialistischen Arbeiterpartei, Spaniens größte Oppositionsgruppe, eine tiefe Krise und einen Bruch in einen linken und einen rechten Flügel.

Nachdem Rajoy die Vertrauensabstimmung im Parlament überstanden hatte, machte sich zwar im Königreich Erleichterung breit. Es kamen aber zugleich neue Sorgen auf, dass der Minderheitsregierung ein kurzes Leben beschert sein könne. Sogar Rajoy selbst warnte vor zu viel Euphorie und ermahnte die zahlenmäßig überlegene Opposition, ihm keine Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Er deutete an, dass er bei einer Blockade seiner politischen Initiativen das Handtuch werfen und so schon im kommenden Jahr Neuwahl erzwingen könne.

„Wir haben 300 Tage mit einer provisorischen Regierung überlebt“, sagte Rajoy in seiner Antrittsrede. „Aber wir würden kein Kabinett überleben, das nicht regieren kann, weil ihm die Unterstützung fehlt, und weil es sich zu vielen Hindernissen gegenübersieht.“ Er machte zugleich klar, was er unter der von ihm selbst eingeforderten „Bereitschaft zum Dialog“ versteht: „Man sollte nicht erwarten, dass ich regiere und mein eigenes politisches Projekt verrate“. Er sei bereit, über „Verbesserungen“ seines Programms zu reden, „aber ich werde nicht seine Zerstörung akzeptieren“.

Erster Prüfstein für die Stabilität der Regierung werden die Haushaltsverhandlungen im Parlament sein. Die EU-Kommission fordert von Spanien milliardenschwere Einsparungen, um das hohe Etatdefizit unter Kontrolle zu bekommen. Kürzungen, die von der Opposition, die eine Lockerung des Sparkurses fordert, abgelehnt werden. Bereits im Sommer war das Königreich von Brüssel abgemahnt worden, weil es vereinbarten Sparziele nicht eingehalten hatte. Dass Rajoy im Parlament, wo er sich einer feindlichen Mehrheit gegenübersieht, bald auf Granit beißen könnte, ließ der Sprecher Sozialisten, Antonio Hernando, durchblicken: „Wir glauben, dass Sie nicht der Regierungschef sind, den Spanien verdient.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort