Porträt des Finanzministers Schäuble hält den Rekord

Berlin · Wolfgang Schäuble gehört seit 1972 dem Deutschen Bundestag an. Nun ist klar, dass er zur Bundestagswahl 2017 erneut antreten wird.

 Wolfgang Schäuble.

Wolfgang Schäuble.

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Die kleine Begebenheit ist schon einige Jahre her: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) saß in einer Bundeswehrmaschine, die ihn von Straßburg nach Hannover beförderte. Ein Journalist wollte vom Finanzminister wissen, wie es ihm mit der Vorstellung geht, dass ein Mittvierziger in seinem Wahlkreis Offenburg in seinem ganzen Leben noch keinen anderen direkt gewählten Bundestagsabgeordneten erlebt hat als Wolfgang Schäuble. Seine Antwort kam prompt und ist bezeichnend für seine Ironie: „Der hat es gut.“

Seit 1972 gehört der Badener dem Deutschen Bundestag an. Das war noch die Zeit unter Kanzler Willy Brandt (SPD). Vier weitere Kanzlerschaften später sitzt er immer noch im Parlament. Seit Jahrzehnten kennt Schäuble im politischen Leben nur eine Antwort: weitermachen. Nun ist klar, dass er zur Bundestagswahl 2017 erneut antritt. Formell ist die Sache zwar noch nicht entschieden. Der Jurist Schäuble ist in diesem Punkt wie immer sehr genau. Der CDU-Kreisverband Ortenau erklärte, Schäuble werde sich bei der anstehenden Nominierung für das Direktmandat bewerben. Doch seine Wahl ist sicher. Schon jetzt ist er Rekordhalter. Der Minister ist stolz darauf, dass er in die Geschichte der Bundesrepublik als Bundestagsabgeordneter eingehen wird, der am längsten gedient hat.

Dass Schäuble, der am kommenden Sonntag 74 Jahre alt wird, seine Entscheidung zu diesem Zeitpunkt bekanntgibt, ist kein Zufall. In den vergangenen Monaten sorgte in Berlin für Gesprächsstoff, dass eine auffallend hohe Zahl wichtiger Mitarbeiter des Finanzministers andere Posten übernimmt. Solche Personalveränderungen vor der Bundestagswahl können ein Signal sein, dass Mitarbeiter auf Leitungsebene nicht mehr damit rechnen, dass der Minister nach der Wahl im September 2017 im Amt bleibt. Dem versucht Schäuble entgegenzutreten, obwohl sein Verbleib als Finanzminister nach 2017 ungewiss ist.

Schäuble wirkt alles andere als amtsmüde. Dem Mann, der Politik einmal als Droge bezeichnet hat, scheint der Gedanke ans Aufhören fremd zu sein. Anstrengende Reisen zu internationalen Gipfeln bewältigt der seit einem Attentat im Jahr 1990 querschnittsgelähmte Politiker mit einer erstaunlichen Energie. Es ist wohl auch die politische Lage, die dem Gedanken an Rückzug entgegensteht. Der Zustand, in dem sich Europa befindet, und die schlechte Stimmung im Land wegen der Flüchtlingspolitik treiben Schäuble um. In dieser Situation seinen Rückzug aus der Politik anzukündigen, käme für den Pflichtmenschen nie in Frage.

Der Politiker, der in seinem Leben schon Kanzleramtsminister, zweimal Innenminister, Unions-Fraktionsvorsitzender und CDU-Parteichef war, hat als Finanzminister viel erreicht. Als Krisenmanager in der europäischen Staatsschuldenkrise kam es auf Schäubles Wort an. Er verordnete Ländern wie Griechenland, Spanien, Irland und Portugal einen Sparkurs und wurde in südeuropäischen Länder heftig attackiert. Beharrlich verfolgt er sein Ziel, dass die Wirtschaft eines Landes nur mit einer soliden Finanzpolitik gesunden kann. Die Erfolge zumindest in einigen Krisenländern geben ihm recht. Zu seinen großen innenpolitischen Leistungen gehört, dass der Bundeshaushalt seit dem Jahr 2014 ohne neue Schulden auskommt. Ob er nach der Wahl wieder Minister wird, ist allerdings offener denn je. Dies hängt von der Koalitionsbildung ab. Ob Schäuble überhaupt Ambitionen hat, wieder Minister zu werden, bleibt sein Geheimnis.

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