Schäuble streitet mit EZB Euro-Finanzminister zeigen sich optimistisch

BRÜSSEL/VILNIUS · Die Krise ist nicht vorbei, aber die Talfahrt wurde gestoppt. Fast auf den Tag genau fünf Jahre nach dem Zusammenbruch der Lehman-Brothers-Bank am 15. September 2008 sehen die Finanzminister der Euro-Zone wieder "Licht am Ende des Tunnels".

Diese Bilanz zog zumindest der Vorsitzende der Währungsunion, Jeroen Dijsselbloem, als er gestern mit seinen 16 Kolleginnen und Kollegen im litauischen Vilnius zusammentraf. "Die wirtschaftliche Erholung im zweiten Quartal fiel deutlicher aus als erwartet", sagte der Niederländer. "Portugal liegt auf gutem Kurs. In Zypern greifen die Reformen."

Deshalb beschlossen die Kassenwarte des Euro-Raums auch, Nikosia wie geplant Ende des Monats die nächste 1,5-Milliarden-Euro-Rate aus dem Hilfspaket zu überweisen. Dennoch gibt es weiter große Sorgen - nicht nur um Griechenland. Vor allem Slowenien hat inzwischen Auslandsschulden in Höhe von sieben Milliarden Euro angehäuft, das ist ein Viertel der jährlichen Wirtschaftsleistung des gut zwei Millionen Einwohner großen Landes.

Zwei Banken mussten Ende vergangener Woche abgewickelt werden. "Wir vertrauen darauf, dass die Regierung die nötigen Schritte unternehmen wird", sagte Dijsselbloem. Soll heißen: Die Finanzminister vertrauen - entgegen der Einschätzung von Bankern und Finanzfachleuten - darauf, dass das Land nicht unter des ESM-Rettungsschirm fällt.

"Ich warne davor zu glauben, dass die Krise bereits vorbei ist", holte EU-Währungskommissar Olli Rehn in Vilnius die Beobachter wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. "Trotz unerwartet guter Zahlen aus dem zweiten Quartal 2013 kämpfen viele Schuldenstaaten weiter mit massiven Problemen." So habe die Arbeitslosigkeit in den besonders betroffenen Ländern Südeuropas in den zurückliegenden Monaten "zwar nicht zugenommen". Sie sei aber "mit zwölf Millionen Betroffenen in der EU dramatisch hoch". Rehn: "Wir müssen noch viel mehr tun."

Die Hoffnung der Finanzminister hat einen Namen: Bankenunion. Sogar Jörg Asmussen, ehemaliger Merkel-Berater und heute Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), lobte das ehrgeizige Vorhaben der Euro-Familie. "Die Bankenunion ist der größte Integrationsschritt seit der Einführung der Gemeinschaftswährung", sagte er in Vilnius. Die Krise habe gezeigt, dass die Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten nicht funktioniert hat. Daraus ziehe man nun spürbare Konsequenzen.

Tatsächlich klangen die Finanzminister zum ersten Mal seit langer Zeit wieder "gebremst optimistisch", wie ein Teilnehmer der Runde es ausdrückte. Ein drittes Griechenland-Paket war zwar kein Thema in Vilnius, scheint aber angesichts des vergleichsweise geringen Umfangs von rund zehn bis zwölf Milliarden ein lösbares Problem zu sein. Die übrigen Schuldenstaaten seien, ebenso wie Italien und Spanien, auf einem "soliden Weg". Währungskommissar Rehn will sich sogar bereits "erste Gedanke über den Übergang von der Krisen in die Nach-Krisen-Phase machen".

Trotz solch positiver Töne schwelen bereits die nächsten Konflikte, die aber wohl erst nach der Bundestagswahl offen ausbrechen dürften. So streitet Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit der EZB über die Frage, ob die EU-Verträge eine ausreichende Grundlage sind, um darauf einen Bankenabwicklungsfonds aufzubauen.

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