Interview mit Thomas Roeb über Karstadt "Karstadt müsste seinen Auftritt modernisieren"

Die Karstadtfilialen in Bonn und Köln haben bessere Voraussetzungen als die fünf, die jetzt schließen müssen.

 "Kaufhof hat nicht sehr viel besser gemacht, aber weniger falsch" Thomas Roeb

"Kaufhof hat nicht sehr viel besser gemacht, aber weniger falsch" Thomas Roeb

Foto: dpa

Warum, das erklärt Wirtschaftswissenschaftler Thomas Roeb im Interview mit Nadine Klees.

Herr Roeb, wie sehen Sie derzeit die Zukunft der Warenhauskette Karstadt?

Thomas Roeb: Ein Handelsunternehmen, das in wirtschaftliches Ungleichgewicht geraten ist, ist nur mit großer Mühe wieder zu stabilisieren. Im Fall von Karstadt ist es höchste Zeit, das Ruder rumzureißen. Die Umsätze müssen unbedingt wieder steigen. Sonst sind die nächsten Schließungen programmiert.

Das hört sich so einfach an. Was müsste denn Ihrer Meinung nach passieren, dass die Umsätze wieder zulegen?

Roeb: Denkbar wäre eine stärkere Zusammenarbeit mit den Lieferanten bei Promotion-Aktionen. Außerdem müsste das Unternehmen seinen Auftritt modernisieren. Damit könnte auch ein jüngeres Publikum angesprochen werden. Allerdings nicht zu modern. Denn die Stammkunden - und das sind meistens eher ältere Menschen - dürfen nicht abgeschreckt werden. Es braucht beide Gruppen, um langfristig zu überleben.

Es heißt immer wieder, die Bonner Filiale stehe relativ gut da. Was unterscheidet sie denn von den fünf Häusern, die jetzt vor dem Aus stehen?

Roeb: In Bonn gibt es im Gegensatz zu Bottrop zum Beispiel mehr Kunden und weniger Wettbewerb. In Bottrop gibt es zunehmend mehr Gewerbeflächen auf der grünen Wiese. Diese sind für die Kunden meist besser mit dem Auto zu erreichen. Das führt natürlich dazu, dass die innerstädtischen Geschäfte Kunden verlieren. In Bonn ist die Anziehungskraft der attraktiven Innenstadt sehr groß. Außerdem wurde bisher kein innerstädtisches Einkaufszentrum zugelassen. Dass die Umsätze hier höher sind, ist plausibel.

Wie sieht es mit Köln und Gummersbach aus?

Roeb: Für Köln gelten die Bonner Argumente noch verstärkt. Gummersbach profitiert zwar von seiner Alleinlage. Allerdings könnte der Online-Handel hier stärkere Konkurrenz sein.

Vollenden Sie bitte den Satz: Karstadt hätte eine Zukunft, wenn...

Roeb: ... es dem Unternehmen gelingt, ein vom Preis-Leistungsverhältnis her attraktives Angebot zu machen. Ob das dem aktuellen Management gelingt, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.

Sicher ist das Konzept der Warenhäuser nicht das modernste. Dazu wächst die Konkurrenz durch den Online-Handel. Trotzdem geht es Kaufhof noch besser als Karstadt. Woran liegt das aus Ihrer Sicht?

Roeb: Kaufhof hat nicht sehr viel besser gemacht, dafür aber weniger Fehler. Dadurch hat es das Unternehmen geschafft, das sinkende Schiff lange über Wasser zu halten. Es wurde immer Eimerweise Wasser abgeschöpft, sozusagen. Kaufhof verliert immer ein bisschen Umsatz. Wenn sich daran nichts ändert, ist auch Kaufhof zukunftsunsicher. Denn auch in diesem Fall gibt es bisher konzeptionell nichts revolutionäres.

Welche Modelle haben langfristig bessere Chancen in Innenstädten? Große Kaufhäuser oder eher exklusive Boutiquen und Fachgeschäfte?

Roeb: Das ist schwer zu sagen und hängt eher von der Branche ab. Im Textilbereich zum Beispiel scheinen Modediscounter noch zu triumphieren, während im Schmuckbereich auch noch Fachgeschäfte überleben können.

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