Niedrigzinsen in Deutschland Erste Banken berechnen Gebühren am eigenen Automaten

Frankfurt · Bankkunden in Deutschland müssen sich wegen des Zinstiefs nach Einschätzung des Bankenverbandes BdB auf breiter Front auf höhere Gebühren einstellen. Einzelne Banken berechnen jetzt schon Gebühren am eigenen Automaten.

Gebühren für das Abheben am Geldautomat? Das gibt es schon, hat die FMH Finanzberatung herausgefunden. So verlange etwa die Sparkasse Chemnitz für zwei Kontomodelle ab der vierten Bargeldabhebung im Monat 30 Cent am Automaten; am Schalter koste eine Abhebung sogar 2,50 Euro – vom zweiten Mal an. Die Aachener Bank berechne das Geldabheben am Automaten mit 40 Cent und das Geldeinzahlen am Automaten mit 2,50 Euro.

„Einer fängt an, die anderen ziehen nach“, meint Max Herbst, Inhaber der Finanzberatung: „Um ihre Renditen zu steigern, lassen Banken ihre Kunden inzwischen für jede Kleinigkeit bezahlen.“ „In zwei Jahren werden einige Banken für die Barabhebung am Geldautomaten Gebühren nehmen“, ist auch Dirk Schiereck sicher, er ist Professor für Unternehmensfinanzierung an der Technischen Universität Darmstadt. „Ein Geldautomat in einem Einkaufszentrum etwa kostet 300 bis 350 Euro Miete“, rechnet er vor. Hinzu kämen Kosten für die Befülllung, Wartung, Reinigung und Versicherung.

Bisher wurde das Betreiben von Geldautomaten quersubventioniert aus den Einnahmen aus dem Zinsgeschäft. Auf den Zinsüberschuss entfallen immerhin 70 Prozent der Erträge deutscher Banken. Den haben sie bisher erwirtschaftet, indem sie Gelder teurer ausreichen als sie selbst ihren Kunden an Zinsen für die Einlagen auf Giro- oder Sparkonten zahlen.

Seitdem die Zinsen von der Europäischen Zentralbank quasi abgeschafft wurden und die Banken für das Parken von Geld bei der Notenbank sogar Gebühren zahlen müssen, fehlen den Geldhäusern diese Einnahmen. „Die Erträge sind unter Druck“, sagt auch Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands deutscher Banken (BdB). Die Tendenz, für bestimmte Kontodienstleistungen Gebühren zu erheben, steige deshalb. Es sei Sache der einzelnen Institute, ob sie solche Gebühren erheben, in welcher Höhe und für welche Dienstleistung.

Welche Gebühren sind den Kunden zuzumuten?

„Alles ist möglich“, hört man in der Branche. Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, hatte vor Monaten schon prognostiziert, die Zeit des kostenlosen Girokontos sei vorbei. Dieser Ansicht ist auch Felix Hufeld, Präsident der Bundesfinanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Noch lotet die Branche aber offenbar aus, welche Gebühren sie ihren Kunden zumuten kann.

Das beginnt bei komplexen Modellen für die Kontoführung. Die Institute bieten je nach Kundengruppe einige noch kostenfrei an, während andere schon mit erheblichen Gebühren verbunden sind, sei es für Überweisungen oder Daueraufträge oder auch für die Ausgabe von Giro- oder Kreditkarten.

„Die aktuelle Diskussion um mögliche Gebühren für Barabhebungen kommt den Banken gerade recht“, glaubt Bankenprofessor Schiereck, „dann können sie die Reaktion der Öffentlichkeit erfahren, ohne sich selbst aus der Deckung wagen zu müssen. „Cash für Bares“ – das könnte auch andere Konsequenzen haben: Bargeld würde so weiter zurückgedrängt. So sind die skandinavischen Länder in dieser Hinsicht weit fortgeschritten, dort werden auch Kleinstbeträge beim Bäcker oder am Fahrkartenautomaten elektronisch bezahlt: „In Oslo kann man bei der Hälfte der Bankfilialen gar kein Bargeld mehr abheben“, weiß Schiereck.

Die deutsche Bevölkerung zahlt sehr gerne bar, von Münze und Schein wollen sich viele nicht verabschieden. Doch Online-Bezahlmodelle wie etwa PayPal werden auch in Deutschland beliebter. Diesen Trend könnte man befördern, wenn man Bargeld unattraktiver machte. Doch das dürfte eher ein langfristiger Trend sein.

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