Datensicherheit Kritik am Aussperren von Huawei

Frankfurt · Wird der chinesische Konzern Huawei nicht am 5G-Aufbau beteiligt? Experten sehen in so einem Szenario viele Nachteile.

Wie erfindungsreich der chinesische Huawei-Konzern ist, lässt sich aus der am Dienstag veröffentlichten Statistik des Europäischen Patentamtes in München ablesen: Knapp hinter Siemens ist der chinesische Konzern das Unternehmen mit den meisten Patentanmeldungen im vergangenen Jahr. Und technologisch vorn ist der Konzern auch beim Aufbau und bei der Wartung moderner Datennetze. „Gerade bei 5G ist Huawei einer der Technologietreiber“, sagt Jürgen Grützner. Er ist der Geschäftsführer des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM). Auf derart innovative Firmen beim Aufbau der fünften Generation des Datennetzes (5G) zu verzichten, hält Grützner für keine gute Idee. „Man sollte vielleicht lieber mal darauf schauen, dass man alle Sicherheitsrisiken möglichst weit in den Griff bekommt.“

Huawei gehört zu den weltweit führenden Telekommunikationsausrüstern, unter anderem für den Aufbau von 5G-Mobilfunknetzen. Der neue Standard soll den Weg für eine Reihe von Zukunftstechnologien ebnen. Die US-Regierung hatte am Montag in der Diskussion über eine Huawei-Beteiligung beim Aufbau des neuen Mobilfunkstandards 5G der Bundesregierung mit eingeschränkter Geheimdienstzusammenarbeit gedroht. Sollte Berlin auf „unzuverlässige“ Partner setzen, könne dies die reibungslose Zusammenarbeit und den Austausch von Informationen gefährden, hieß es aus der US-Botschaft in Berlin.

US-Vorwürfe der Spionage

Hintergrund ist der Vorwurf der USA, die Regierung in Peking nutze Huawei, um durch Hintertüren in dessen Technik Spionage zu betreiben. Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte in Reaktion auf die Drohung aus der US-Botschaft die Souveränität Deutschlands. Sicherheit im digitalen Bereich sei ein sehr hohes Gut. „Deshalb definieren wir für uns unsere Standards.“ Experten meinen aber, dass sich der Aufbau von 5G ohne die Huawei-Technologie deutlich erschweren würde – und damit auch zeitlich verzögere. „Für einige Komponenten wird man relativ zügig Ersatz schaffen können, für andere Komponenten wird es sehr, sehr schwierig. Das würde auch finanziell eine sehr große Belastung bedeuten“, meint Grützner.

Auch in einem anderen Technologieverband hierzulande, der nicht zitiert werden will, sieht man ein mögliches Aussperren von Huawei kritisch. Denn Huawei ist nicht nur Technologietreiber im Aufbau von Mobilfunk-Technologie; der Konzern produziert auch im großen Maßstab global. Deswegen kann das chinesische Unternehmen seine Technik vergleichsweise preiswert anbieten. Teurer könnte es dann obendrein werden, weil sich die Zahl der Wettbewerber um einen großen und preiswerten Mitspieler reduzieren würde. „Überall dort, wo Sie Marktzutritt für bestimmte Wettbewerber beschränken oder sogar ganz ausschließen, steigen die Preise“, bringt das Reiner Münker auf den Punkt. Er ist Geschäftsführer der Wettbewerbszentrale. Letztlich, so führt er weiter aus, ginge das dann auf Kosten von Steuerzahlern und Verbrauchern.

Die Konkurrenten heißen Ericsson und Nokia

Zwar gibt es Konkurrenten, die den Aufbau von 5G übernehmen könnten – die beiden europäischen Ausrüster Ericsson und Nokia zum Beispiel. Nur heißt es unter Experten in der Branche, dass beide Unternehmen gar nicht genug Kapazität hätten, das neue Datennetz in Deutschland flächendeckend aufzubauen. Auch hierfür sei mindestens die ergänzende Unterstützung durch Huawei nötig. Ericsson beispielsweise konzen-triert sich in seinen Aktivitäten vornehmlich auf den US-Markt. Dort ist eine Lücke zu schließen, seit Huawei de facto nicht mehr am Netzaufbau oder -ausbau beteiligt ist.

Zudem heißt es hinter vorgehaltener Hand bei Mobilfunkbetreibern, dass Huawei einen weitaus besseren und schnelleren Service biete als die Konkurrenz. Deswegen hat sich vor wenigen Wochen bereits der Weltverband von Mobilfunkbetreibern und -ausrüstern an die europäische Politik gewandt und gefordert, bei ihren Entscheidungen zum Netzausbau den Blick nicht einseitig zu verengen. „Wenn europäische Entscheidungsträger darüber nachdenken, wie sie die Netzwerkinfrastruktur sicherer gestalten können, raten wir dringend, alle relevanten politischen Ziele im Auge zu behalten: Sicherheit, Wettbewerb, Innovation und die Folgen für Verbraucher.“

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