Wirkstoffe, Hersteller, Herkunft Woher die Medikamente in hiesigen Apotheken wirklich kommen

Service | Bonn · Viele Medikamente sind derzeit von einem Engpass betroffen – in manchen Apotheken wird daher zum Beispiel der Husten- oder Fiebersaft selbst gemischt. Doch woher kommen die meisten Medikamente in deutschen Apotheken eigentlich?

  Ein Apotheken-Logo hängt an der Eingangsfassade einer Apotheke.

Ein Apotheken-Logo hängt an der Eingangsfassade einer Apotheke.

Foto: dpa/Marcus Brandt

Woher kommen die Medikamente in deutschen Apotheken?

Einen Großteil der Arzneien beziehen die Apotheken von Großhändlern. „Rund 80 Prozent der Medikamente kommen vom Großhandel“, sagt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein und selbst Inhaber zwei Apotheken in Köln. Früher habe man laut Preis alle Medikamente von Großhändlern bekommen, mittlerweile sei die Lage etwas komplexer. Zum Beispiel würden die Hersteller teilweise direkt vertreiben oder bei bestimmten Produkten über Spezialvertriebe gehen.

Welche Rolle spielen ausländische Hersteller?

Hier rücken vor allem die Produzenten von Wirkstoffen in den Vordergrund: Firmen in Asien sind Lieferanten für viele Pharmariesen wie Ratiopharm, die mit den meist in China oder Indien hergestellten Wirkstoffen ihre Medikamente produzieren. „Nach Recherchen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte werden etwa 150 Wirkstoffe für ,deutsche‘ Arzneimittel in der Stadt Wuhan und der umliegenden Provinz Hubei in China produziert“, sagt Preis. „65 davon sind für die deutsche Arzneimittelversorgung besonders versorgungsrelevant.“

Im Ausland zugelassene Medikamente dürfen Preis zufolge darüber hinaus nur mit Sondergenehmigung importiert werden. Sogenannte Reimporte sind zudem Arzneimittel, die im in Deutschland hergestellt, im EU-Ausland im Handel sind und dann von Händlern zurück in den deutschen Markt geführt werden.

Was sind Generika und welche Rolle spielen sie bei der medizinischen Versorgung in Deutschland?

Generika sind per Definition des Bundesgesundheitsministeriums Nachahmerprodukte von Arzneiwirkstoffen. Wenn das Patent eines Herstellers für ein Medikament ausläuft, dürfen auch andere Unternehmen den Wirkstoff produzieren und unter einem anderen Namen verkaufen. Die Produkte sind oft günstiger als das Original – schließlich mussten die Nachahmer nicht in Forschung und Entwicklung investieren, so das Ministerium. „Der Generika-Anteil am Gesamtmarkt liegt bei 80 Prozent“, sagt Apotheker Preis. Ohne die günstigen Alternativen könne man sich die Gesundheitsversorgung hierzulande kaum leisten, so der Fachmann.

Welche Aufgaben übernehmen die Apotheker?

„Öffentliche Apotheken sind generell für die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln verantwortlich und dürfen nur von studierten Pharmazeuten betrieben werden, die ganztägig vor Ort sein müssen“, erklärt Preis. Dabei gehören nicht nur die Abgabe von Arzneimitteln, sondern auch deren Herstellung und Prüfung auf Qualität zur Aufgabe von Apothekerinnen und Apothekern. „Jede Apotheke hat ein eigenes Labor“, so Preis. Dort werden zum Beispiel Tees, Hautsalben und sogar Krebsmedikamente oder Cannabisarzneimittel hergestellt. Zudem würden auch Medikamente für Erwachsene in kindgerechte Arzneiformen gebracht – zum Beispiel Dragees zu Pulver gemahlen. In Zeiten von Engpässen und Krankheitswellen erlange das Labor wieder größere Bedeutung, beispielsweise wegen der Herstellung von Fiebersäften für Kinder, sagt der Verbandsvorsitzende.

„Wir haben einige Hautärzte in der Nähe und mischen regelmäßig Salben an“, sagt zum Beispiel der Bonner Apotheker Bastian Steingießer von der Merkur-Apotheke. Husten- und Fiebersäfte seien im Moment weniger Thema – Medikamentenmangel dagegen schon. „Bei jedem dritten Rezept müssen wir uns eine Alternative überlegen“, so Steingießer. Manchmal helfe es, direkt beim Hersteller zu bestellen oder bei anderen Apotheken, die an die Merkur-Apotheke angeschlossen sind, Bestände zu tauschen.

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