Bernd Steeg Niederkassels Kämmerer legt sein Amt nach 46 Jahren nieder

Niederkassel · Kämmerer Bernd Steeg kritisiert zum Abschied die fehlende Finanzausstattung der Kommunen. Nach 46 Jahren in seinem Amt in Niederkassel widmet er sich nun allerdings dem Ruhestand an Stelle seiner 30 Jahre alten Rechenmaschine.

 Bernd Steeg, hier mit einem großen Stapel Haushaltsbände, hat es geschafft, die Finanzen der Stadt so zu lenken, dass ein Haushaltssicherungskonzept immer vermieden werden konnte.

Bernd Steeg, hier mit einem großen Stapel Haushaltsbände, hat es geschafft, die Finanzen der Stadt so zu lenken, dass ein Haushaltssicherungskonzept immer vermieden werden konnte.

Foto: Martina Welt

Die dicken Haushaltspläne der vergangenen Jahre stapeln sich auf dem Schreibtisch des Kämmerers. Sie sind zerfleddert und man sieht ihnen an, dass sie immer wieder als Nachschlagewerk herhalten mussten. "Ich bin wahrscheinlich der Einzige, der das tut und es ist manchmal mühsam, das zu finden, wonach man sucht", gibt Bernd Steeg unumwunden zu.

Auch zu der Rechenmaschine auf seinem Schreibtisch sagt Steeg, dass sie wahrscheinlich schon 30 Jahre auf dem Buckel habe. "Ich rechne noch auf der Maschine, das ist ganz schön antiquiert", meint er lachend. Sein gesamtes Berufsleben, und das sind fast 46 Jahre, hat der Kämmerer in der Niederkasseler Verwaltung verbracht. Ebenso wie bei seinem langjährigen beruflichen Weggefährten Helmut Esch, der im Frühjahr 2019 seinen Dienst quittierte, beginnt auch für ihn zunächst zum 1. Januar 2020 die passive Phase seiner Altersteilzeit.

Der Mann, der bei jedem Haushaltsentwurf von den Ratsmitgliedern auffallend überschwänglich gelobt wurde, ist in seinen Beruf eher reingerutscht. Er wuchs in Ranzel auf und sollte sich nach seiner mittleren Reife entscheiden zwischen dem Abitur, einer Ausbildung bei der Kreissparkasse oder einer Verwaltungslaufbahn. "Ich konnte mich als 15-Jähriger nicht entscheiden, habe mich überall beworben und bin drei Mal angenommen worden", erinnert er sich.

Es war sein Vater, der für ihn beschloss: "Du gehst zur Verwaltung." Steeg begann dort mit seinem Praktikum und es folgte die Ausbildung zum gehobenen Beamtendienst, die er mit 21 Jahren abschloss. Er landete dort, wo Personal fehlte und das war die Kämmerei. "Ich hatte damals keine besondere Präferenz zu Zahlen, aber ich mochte die Leute in meiner Abteilung und war zufrieden", sagt Steeg. Er gehört bis heute nicht zu den Menschen, die sich in den Vordergrund schieben, auch wenn er auf eine beachtliche Karriere zurückblicken kann.

Leiter der Finanzabteilung mit 23 Jahren

Steeg wurde schon mit 23 Jahren Leiter der Abteilung Finanzen unter dem damaligen ersten Beigeordneten Helmut Schlimbach. Als dieser dann in Pension ging, wurde Steeg mit 38 Jahren der Kämmerer der Stadt. "Ich habe mich da zwar nicht unbedingt aufgedrängt, aber Ja gesagt, als man mich fragte." Als besonders "gedeihlich" bezeichnet er die Zusammenarbeit mit dem ersten Beigeordneten Helmut Esch, die über 20 Jahre anhielt. "Bürgermeister kamen und gingen, aber Helmut Esch und ich wir sind geblieben", meint Steeg schmunzelnd.

In den fast 46 Jahren gab es viele Reformen im Finanzwesen der Kommunen. Die Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF) 2008 sei jedoch die "härteste" gewesen, sagt der Kämmerer. "Alle in der Abteilung hatten eine kamerale Ausbildung, Betriebswirte gab es damals nicht", erinnert er sich an die Crash-Kurse, die absolviert wurden, um die Umstellung bewältigen zu können. "Ich war und bin bis heute ein glühender Anhänger der Kameralistik", sagt Steeg. Zwar funktioniere inzwischen auch der doppische Haushalt. Das umfassende und komplizierte Rechenwerk sei jedoch nur noch für wenige Leute zugänglich.

Nicht ohne Stolz blick Steeg auf die Jahre unter seiner Haushaltsführung zurück, die Niederkassel alle überstanden hat, ohne in die Haushaltssicherung gehen zu müssen. 2016 habe die Stadt den Hebesatz der Grundsteuer von damals 440 Prozent auf 600 Prozent angehoben. Trotz der vielen Bürgerproteste sei es die einzige Möglichkeit gewesen, um die Haushaltssicherung noch abzuwenden, sagt Steeg. Wesentlich erfreulicher ist die aktuelle Haushaltslage.

Niederkassel schließt 2018 mit einer Million Euro Überschuss ab

"Im Moment erleben wir einen unglaublichen Boom, der extrem lange anhält." Das Jahr 2018 habe Niederkassel mit einem Überschuss von einer Million Euro abgeschlossen und auch für 2019 deute alles auf einen ausgeglichenen Haushalt hin. Das sei der Kombination aus konjunkturellem Aufschwung, den niedrigen Zinsen sowie den Bundeshilfen zuzuschreiben. "Die strukturellen Probleme werden durch die positive konjunkturelle Entwicklung verdeckt", mahnt der Kämmerer.

Steeg wird nicht müde, die Benachteiligung der Stadt beim kommunalen Finanzausgleich zu betonen. Ein Kampf, den er gemeinsam mit anderen Kommunen seit Jahren kämpft, bisher jedoch ohne Erfolg. Auch die Versorgung und Integration der Flüchtlinge werde nicht vollständig finanziert, das Kinderbildungsgesetz sei unterfinanziert und die Schulen müssten im großen Stil erweitert werden, ohne dass es entsprechende Förderungen gebe. "Das Land lässt uns im Regen stehen."

Keine Pläne für den Ruhestand

Was er mit seinem Ruhestand anfängt, das weiß der Kämmerer noch nicht. "Das ist noch surreal und der Gedanke ist schon verrückt, aber ich werde es schon aushalten", meint Steeg, der in seiner Freizeit Tennis, Tischtennis Squash, Badminton und Fußball gespielt hat. "Jetzt mache ich das, was noch geht, also Fahrrad fahren und schwimmen." Außerdem ist Steeg nach eigener Aussage glühender Anhänger des 1. FC Köln, da bleibt in Zukunft mehr Zeit für Besuche im Müngersdorfer Stadion.

Seine Stellvertreterin Andrea Herkenrath wird ihm nachfolgen. "Ich arbeite mit ihr seit 30 Jahren zusammen und deshalb ist die Kontinuität sichergestellt", sagt der scheidende Kämmerer.

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