Angespannter Wohnungsmarkt in der Region So bewerten Experten die schärfere Mietpreisbremse

Region · Experten aus der Region bewerten die Maßnahme der Bundesregierung zur Entlastung des angespannten Wohnungsmarktes differenziert. Denn trotz Regelung steigen die Mieten weiter. Verschärfungen sind in der Planung.

Experten aus der Immobilienwirtschaft kritisieren bereits seit langem die Mietpreisbremse. Diese hatte die Bundesregierung im Sommer 2015 eingeführt – als Reaktion auf die angespannte Situation des Wohnungsmarkts in den Ballungsgebieten. Dennoch steigen die Mieten weiter. Darum hat das Bundeskabinett jetzt ein neues Mieterschutzgesetz auf den Weg gebracht. Die Mietpreisbremse wird unter anderem mit neuen Auskunftspflichten für Vermieter verschärft, die eine Miete verlangen wollen, die mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Ob das etwas bringt, beurteilen Fachleute kritisch.

Derzeit ist die Mietpreisbremse in 313 von 11.000 Städten und Gemeinden aktiv, in denen laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rund ein Viertel der Deutschen leben. Auch in Bonn gilt die Mietpreisbremse. Bislang war das Instrument ein stumpfes Schwert: Der Mietanstieg hat sich eher noch beschleunigt. 2017 kletterten die Mieten im Bundesschnitt mit plus 4,3 Prozent stärker als im Vorjahr, besagen Zahlen des Zentralen Immobilien-Ausschusses (ZIA). Der durchschnittliche Mietpreis für eine 100 Quadratmeter große Wohnung in Bonn liegt zur Zeit bei 10,29 Euro je Quadratmeter, hält das Portal Wohnungsbörse fest: Die Kaltmieten für Wohnungen in Bonn würden damit „über den durchschnittlichen Mietpreisen in Deutschland“ liegen.

Änderungen der Mietpreisbremse

Die Mietpreisbremse werde nun „deutlich angeschärft“, hatte darum Justizministerin Katarina Barley in einem Interview mit dem Deutschlandfunk (5.9.2018) angekündigt. Bisher habe das Instrument daran gekrankt, „dass man als Mieter sagen musste, worauf man sich genau bezieht, wenn man eine zu hohe Miete rügt, aber auf der anderen Seite wenig Informationsrechte hat, eigentlich gar keine, und beide Seiten haben wir jetzt geändert.“ Wenn ein Vermieter mehr als die ortsübliche Miete plus zehn Prozent haben wolle, führte Barley aus, dann müsse er das bei Vertragsabschluss sagen, und er müsse zudem mitteilen, „warum er das Recht darauf hat“.

Allerdings wies sie in dem Gespräch auf drei Ausnahmen hin: „Die Vormiete war schon höher, Modernisierungen sind vorgenommen worden, oder es handelt sich um einen Neubau.“ Wenn der Vermieter dies unterlasse, wenn in dem Mietvertrag nichts dazu stehe, und es der Vermieter auch unterlasse, den Mieter darauf hinzuweisen, dann sei der Mieter „auch nicht verpflichtet, eine höhere Miete zu bezahlen“. Das neue Mieterschutzgesetz konzentrierte sich aber nicht allein auf die verschärfte Mietpreisbremse. „Es geht um Maßnahmen gegen dieses Herausmodernisieren von Mietern“, wird die Ministerin zitiert.

Dass dieses neue Mieterschutzgesetz nun die Probleme auf dem Markt lösen wird, glaubt Burkhard Blandfort, Vorsitzender IVD West in Köln, nicht. „Es fehlen insgesamt 1,5 Millionen Wohnungen in Deutschland“, erklärt er: „Besonders deutlich bekommen diesen Mangel die Menschen in den Großstädten und Ballungsräumen zu spüren.“ Eine Verschärfung der Regelungen zur Mietpreisbremse werde ihnen daher nicht helfen, eine Wohnung zu finden. Vor allem ist für Blandfort nicht nachvollziehbar, „warum die Regierung gerade jetzt eine Novellierung des Mietrechts angeht“. Genauer gesagt „drei Wochen vor dem Wohngipfel, wo das Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der Wohnungskrise, laut Bundesbauminister Seehofer ‚das soziale Problem unserer Zeit‘, beraten werden soll“.

"Sie muss praxisgerechter werden"

„Ein taugliches Mittel ist die Mietpreisbremse in ihrer bisherigen Form nicht“, betont auch Martin Lehrer, Sprecher des Städte- und Gemeindebundes in Düsseldorf: „Sie muss für Mieter praxisgerechter ausgestaltet werden.“ Hier liefere der Referentenentwurf einige Ansätze. Allerdings fügt auch Lehrer hinzu: „Ein Spannungsfeld bleibt das Ziel der Mietpreisbegrenzung auf der einen und der Bedarf an wirkungsbezogenen energetische Sanierungen sowie des generationengerechten Umbaus von Wohnungsbeständen auf der anderen Seite.“ Konkret: „Energetische Sanierung und barrierefreie Modernisierung muss sein, und irgendwie muss das auch bezahlt werden.“

„Die Änderungen an der Mietpreisbremse sind grundsätzlich sinnvoll, denn sie erhöhen die Transparenz der Regulierung erheblich“, lobt Claus Michelsen, Experte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin: „Bisher war es für Außenstehende vollkommen unklar, ob die angebotene Miete der Regulierung entspricht oder nicht.“ Das ändere sich nun. Nichts zu deuteln gibt es für ihn an der Tatsache, „dass steigende Mieten prinzipiell Knappheiten anzeigen“. Dies ändere die Mietpreisbremse nicht. „Allerdings ist sie keine Investitionsbremse, wie häufig postuliert“, ergänzt er: „Denn die Mietpreisbremse ist für Neubauten nicht gültig. Sie schneidet starke Preisanstiege ab und mildert damit die sozialen Konsequenzen starker Preissprünge.“

Wohnraum-Nachfrage in Bonn

Für den Bonner CDU-Landtagsabgeordnete Guido Déus, der im Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen sitzt, ist ebenfalls unstrittig, dass die Mietpreisbremse „nicht wirkt“. Da seine Heimatstadt Bonn eine Kommune mit steigenden Bevölkerungszahlen und entsprechender Wohnraum-Nachfrage sei, bedürfe es gleichwohl „eines bedarfsgerechten 'Instrumentenkoffers', um die Wohnungsnot angemessen bekämpfen zu können“. Daher will er sich erst dann eine abschließende Meinung über die Verschärfung der Mietpreisbremse bilden, wenn diese in den entsprechenden Fachgremien intensiv beraten worden sei.

„Die Novelle der Mietpreisbremse ist sinnvoll, damit das Gesetz im Interesse aller Marktteilnehmer auch eingehalten wird“, findet der Bonner Bundestagsabgeordnete Ulrich Kleber (SPD). „Wir wollen beides: Vermietern die Freude am Vermieten und Investieren sowie Mietern bezahlbare Wohnungen erhalten.“ Einige wenige Vermieter nutzten den Wohnungsmangel zur unangemessenen Steigerung der Mieten bei Bestandswohnungen und vertrieben damit ganze Bevölkerungsgruppen aus Stadtvierteln. „Die Mietpreisbremse soll solche Mieten weit über der ortsüblichen Miete verhindern“, sagt Kelber weiter: „Mit der Auskunftspflicht wird Mietern nun die Möglichkeit gegeben, gegen überhöhte Mieten vorzugehen.“ Außerdem stehe die Mietpreisbremse nicht für sich allein. Kelber: „Wir erhöhen die Förderung für den sozialen Wohnungsbau, fördern den Erwerb von Wohneigentum, wollen einen steuerlichen Bonus für Wohnungsbau geben, unterstützen mit Wohngeld und verbilligten Grundstücken des Bundes.“ Aber ohne die Mietpreisbremse gehe es eben leider auch nicht.

Weitere Infos: www.wohnungsboerse.net

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