Kommentar Inklusion: Vor allem Qualität

BONN/DÜSSELDORF · Es gibt keinen Zweifel, das gemeinsame Lernen kann behinderte und nicht behinderte Schüler einander näherbringen, Fremdheit überwinden und Vorurteile abbauen. Lernerfolg misst sich nicht allein an der Wissensvermittlung, sondern auch am Erlernen sozialer Kompetenz.

Inklusive Schulen leisten seit Jahren Herausragendes im Miteinander von Behinderten und nicht Behinderten. Voraussetzung für den Erfolg der Inklusion ist allerdings, dass die Rahmenbedingungen im Unterricht stimmen. Die Lehrer klagen über mangelnde Fortbildung und fürchten im Schulalltag praktische Probleme durch störende Ablenkungen, wenn jeder Schüler "auf seine Art" in der Klasse lernen soll. Wie soll die Aufmerksamkeit im Fachkurs Mathematik, Englisch oder Physik hochgehalten werden, wenn gleichzeitig in der Klasse parallel Sondergespräche stattfinden?

Soll das Lernen nicht Schaden nehmen, muss der Ausbau der Inklusion behutsam angegangen werden. Schon heute klagen Ausbilder und Hochschulen über mangelnde Leistungen von Schulabgängern - mit der zusätzlichen Mammutaufgabe Inklusion wird das sicher nicht besser.

Und dass Förderschüler in den meisten Fällen an der Regelschule besser betreut werden als an der hochspezialisierten Förderschule, diesen Beweis muss die Inklusionsschule erst noch erbringen. Ministerin Löhrmann sollte sich bei ihrer Reform weniger vom Wunschbild einer Gemeinschaftsschule für alle leiten lassen als von dem Ziel, für alle Schüler die individuell beste Schulform zu sichern. Die Qualität des Unterrichts muss Priorität behalten.

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