Kommentar Reformen in Frankreich - Tabu-Bruch

François Hollande ist Taktiker. Umsichtig nennen ihn seine Freunde, behäbig seine Gegner. Von seinem umtriebigen Vorgänger Sarkozy unterscheidet er sich aber vor allem im Stil.

Längst bereitet er vor, was auch dieser für unumgänglich hielt: eine Reformierung des französischen Arbeitsmarktes und der Finanzierung der verschuldeten Sozialkassen.

"Flexi-Sicherheit" ist einer dieser neuen Begriffe, mit denen er die Franzosen einstimmen will auf einen Weg, der Deutschland mit aus der Krise geführt hat: Die größere Freiheit der Arbeitgeber im Umgang mit der Arbeitszeit soll bei gleichzeitigen Gehaltseinbußen möglich sein, als Gegenleistung gibt es eine Job-Garantie.

Die Idee von Kurzarbeit in Krisenzeiten flicht der Präsident mit viel Rhetorik in die Diskussion ein, um bisherige Tabus sanft zu brechen.

In Frankreich fürchtet man nun Einschnitte in das berühmte französische Sozialmodell, eines der großzügigsten in Europa. Hollande hat sich dazu verpflichtet, den Haushalt zu sanieren. Und alle, die ihm Unbeweglichkeit in diesen ersten Regierungsmonaten vorwerfen, warten auf konkrete Ankündigungen, die wehtun - um ihm anschließend diese vorzuwerfen.

Doch sie wissen, wie es um die Staatskasse Frankreichs steht, das seit mehr als 30 Jahren über seine Verhältnisse lebt. Rutscht es weiter ab, droht es seine Position als zweiter starker Pfeiler neben Deutschland bei der Euro-Rettung zu verlieren. Um das zu verhindern, muss Hollande mit seiner "Sanierungs-Agenda" Reformmut à la Schröder beweisen.

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