Gewalt und Beleidigungen Alle 90 Minuten ein Angriff auf Polizisten

DÜSSELDORF · Mehr als 10.000 Polizisten in NRW wurden 2012 Zielscheibe von Gewalt und Beleidigungen. Nach Angaben des Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Arnold Plickert, gibt es alle 90 Minuten einen Widerstand gegen Polizeibeamte.

 Ein gewalttätiger Demonstrant schlägt einen Polizeibeamten nieder. Thema der Sitzung im nordrhein-westfälischen Landtag in Düsseldorf war gestern unter anderem Gewalt gegen Polizisten. Im Bild: Ein Vorfall in Lübeck

Ein gewalttätiger Demonstrant schlägt einen Polizeibeamten nieder. Thema der Sitzung im nordrhein-westfälischen Landtag in Düsseldorf war gestern unter anderem Gewalt gegen Polizisten. Im Bild: Ein Vorfall in Lübeck

Foto: dpa

Die CDU-Landtagsfraktion fordert deshalb ein härteres Vorgehen gegen die Täter und höhere Hürden für Gerichte, Strafverfahren einzustellen. Im Landtag wies Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) den CDU-Antrag zurück. Der Verdacht, dass Gerichte und Staatsanwaltschaften Gewalt gegenüber Polizisten verharmlosten und Täter ungeschoren oder mit kleinen Geldstrafen davonkämen, sei durch nichts belegt, sagte Kutschaty.

Der CDU-Abgeordnete Theo Kruse warf der rot-grünen Landesregierung hingegen vor, sie engagiere sich zu wenig beim Schutz der Polizisten. Weil im Vorjahr mehr als 1800 Polizisten in NRW verletzt worden seien, müsse eine Mindeststrafe von sechs Monaten für Angriffe auf Polizisten eingeführt werden. Sprecher von SPD und Grünen machten aber klar, dass die CDU auf Bundesebene bislang nichts getan habe, um schärfere Gesetze durchzufechten. Zudem könne niemand behaupten, dass der Strafrahmen für Körperverletzung von bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe nicht ausreichen würde, betonte Kutschaty.

Laut Lagebild des Landeskriminalamtes (LKA) wurden nach Attacken auf Polizisten 2012 insgesamt 6237 Tatverdächtige in NRW ermittelt. Drei von vier der meist jugendlichen Täter standen unter Drogen oder Alkohol, in 300 Fällen kamen Waffen zum Einsatz. Mehr als 88 Prozent der Straftaten passierten im "normalen Einsatz" der Polizei, der Rest ereignete sich bei Fußballspielen und Demonstrationen. GdP-Landeschef Plickert warnte: "Das Geschäft eines Polizisten ist gefährlicher geworden." Der Grad der Gewalt sei nicht mehr akzeptabel. Kruse verlangte auch mehr Schutz für Feuerwehrleute und Rettungssanitäter im Einsatz.

Im Landtag lehnten Sprecher von SPD, Grünen, FDP und Piraten schärfere Gesetze ab "Die Politik darf sich nicht zum Richter aufschwingen", wehrte sich FDP-Experte Robert Orth gegen Mindeststrafen für Angriffe auf Polizisten. Die Grünen-Abgeordnete Verena Schäffer verwies darauf, dass NRW Ende 2013 eine Studie zur Gewalt gegen Polizisten vorlegen werde, an der sich 47 Prozent der Beamten in NRW beteiligt hätten. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hatte zudem eine "Woche des Respekts" an Schulen angekündigt.

Die Polizei-Gewerkschaften berichten von Kollegen, die sich von Gerichten im Stich gelassen fühlten. Viele Verfahren wegen Beleidigungen und Widerstandshandlungen gegen Polizisten würden von Staatsanwaltschaften schnell eingestellt. Minister Kutschaty hält die Vorwürfe für unbegründet. "In unseren Gerichtssälen herrscht keine Toleranz gegenüber Gewalt."

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