Kommentar zur CSU Der absolute Seehofer

Meinung | Kloster Seeon · Der Absturz der machtverwöhnten CSU bei der bayerischen Landtagswahl 2008 mit dem Verlust der über Jahrzehnte gewöhnten absoluten Mehrheit ist unvergessen. Seehofer will den Erfolg der absoluten Mehrheit für sich, weil sie ihm oder seinem Nachfolger auch maximale Gestaltungsmöglichkeit gibt.

 Muss durch ein schwieriges Jahr: CSU-Parteichef Horst Seehofer.

Muss durch ein schwieriges Jahr: CSU-Parteichef Horst Seehofer.

Foto: dpa

Ein Land in Weiß und Blau. So will es Horst Seehofer, so will es die CSU. Und dafür brauchen Parteichef und Partei eines: die absolute Mehrheit in Bayern. Mitte dieser Woche war der bayerische Ministerpräsident bester Stimmung. Eine jüngste Umfrage taxierte die CSU, wäre am Sonntag Bundestagswahl, bei 46 Prozent. Seehofer könnte verschnaufen: Bis hierher offenbar alles richtig gemacht, weil der Erfolg dem Erfolgreichen automatisch recht gibt.

Doch bis zur Bundestagswahl im September steht der entscheidende Teil der Wegstrecke noch aus. Sein Land in Weiß und Blau bekommt er 2018, wenn in Bayern ein neuer Landtag gewählt wird, nur, wenn CDU und CSU vorher die Wahl im Bund erfolgreich, weil gemeinsam, bestehen. Und genau an dieser Gemeinsamkeit, die Seehofer auch Geschlossenheit nennt, hapert es. Zwar betonen der CSU-Chef und die mit ihm in der zentralen Frage der Flüchtlingspolitik über Kreuz liegende CDU-Vorsitzende Angela Merkel, dass die Unionsschwestern bei den allermeisten politischen Themen übereinstimmen. Aber eine Frage genügt offenbar, diese Gemeinsamkeit auf eine selten gekannte Probe zu stellen: Flüchtlings-Obergrenze ja oder nein?

Vielleicht schaffen es Seehofer und Merkel, ihren Konflikt beim geplanten Spitzentreffen Anfang Februar in München beizulegen. Falls nicht, wird es schwierig mit dem gemeinsamen Wahlkampf. Vielleicht aber hat die CSU auch gar kein Interesse an einer Einigung und hält den Konflikt am Köcheln, weil sie dann den rechten Rand besser abdecken kann. Dann wäre der bislang geplante Friedensgipfel von CDU und CSU nur Show.

Seehofer muss – Obergrenze hin oder her – durch ein schwieriges Jahr. Noch hält die verabredete Feuerpause an der CSU-Spitze. Die heikle Personalie, wer künftig als Nachfolger Seehofers Vorsitzender der CSU werden und dann womöglich an den Kabinettstisch nach Berlin wechseln soll, muss noch beantwortet und von einem Sonderparteitag bestätigt werden. Seehofer will seinen Finanzminister Markus Söder als künftigen Ministerpräsidenten verhindern und ihn deshalb am liebsten nach Berlin schicken. Der hält dagegen: Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt gehören in eine Hand. Noch hat Seehofer in diesem Machtpoker das bessere Blatt, weil er in der Entscheiderposition ist. Noch muss Söder nehmen, was Seehofer ihm gewährt.

Doch die Dinge ändern sich schnell, auch wenn die Union im Bund mit ihrem jüngsten Zustimmungswert von 37 Prozent gut dasteht. Schon ein mäßiges Wahlergebnis der Unionsparteien im Bund würde auch für Seehofer in Bayern vieles ändern. Seehofer hat in Bayern aktuell glänzende Arbeitsmarktzahlen vorzuweisen. Die Wirtschaft ist nicht sein Problem, aber die Innere Sicherheit kann für ihn wie auch für Merkel jederzeit eines werden. Ein Anschlag verändert vieles – und noch mehr, je näher er am Wahltag liegt. Der Absturz der machtverwöhnten CSU bei der Landtagswahl 2008 mit dem Verlust der über Jahrzehnte gewöhnten absoluten Mehrheit ist unvergessen. Seehofer will den Erfolg der absoluten Mehrheit für sich, weil sie ihm oder seinem Nachfolger auch maximale Gestaltungsmöglichkeit gibt. Das wäre dann wirklich der absolute Seehofer. Ob er 2018 tatsächlich endgültig abtritt, weiß im Moment vermutlich noch nicht mal er selbst.

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