Änderungen in NRW Das sind die Streitpunkte zum neuen Polizeigesetz

Düsseldorf · Von der Schleierfahndung bis zur elektronischen Fußfessel: Das sind die wichtigsten Punkte des neuen Polizeigesetzes in Nordrhein-Westfalen.

Das geplante neue Polizeigesetz hat am Donnerstag im Landtag zu einem heftigen Schlagabtausch der Experten geführt. Die wichtigsten Punkte:

Drohende Gefahr: Künftig sollen Polizisten schon bei „drohender Gefahr“ oder „drohender terroristischer Gefahr“ einschreiten und entsprechend Verdächtige in Gewahrsam nehmen können. Bisher ging dies nur bei konkreter Gefahr. Die Mehrheit der vom Landtag befragten Rechtsexperten hält dies für verfassungsrechtlich bedenklich. Die Definition einer drohenden Gefahr sei zudem nicht konkret genug gefasst und könne auch gegen Menschenrechte verstoßen. Auch die Polizeigewerkschaft NRW fordert für jeden Fall eine Einzelprüfung.

Schleierfahndung

Das neue Gesetz soll verdachtsunabhängige Polizeikontrollen in bestimmten Gebieten zulassen. Die vorgesehene Dauer von 28 Tagen kann um weitere 28 Tage verlängert werden. Unsicherheit herrscht unter Experten darüber, ob es sich hierbei um eine reine Sichtkontrolle handeln soll oder auch um die Befugnis, etwa Kofferräume oder Taschen zu durchsuchen. Im ersten Fall halten viele Experten diese Neuerung für rechtlich unproblematisch. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International macht darauf aufmerksam, dass die Kontrollen erfahrungsgemäß eher Menschen mit Migrationshintergrund treffen könnten. Bedenken hat auch die NRW-Datenschutzbeauftragte, weil es zu entsprechenden Polizeieinsätzen in Straßenbahnen, Bussen oder Parkhäusern kommen könnte.

Polizeigewahrsam

Künftig sollen Menschen, von denen eine Gefahr ausgehen könnte, bis zu einem Monat lang in Unterbindungsgewahrsam festgehalten werden können statt wie bisher nur für 48 Stunden. Dieser Punkt rührt an den Grundsätzen des Rechtsstaats und ist aus Sicht der meisten befragten Rechtsexperten ein unverhältnismäßiger Eingriff in Freiheitsrechte und damit verfassungsrechtlich bedenklich. Bis zur Identitätsfeststellung darf eine Person dem Gesetzentwurf zufolge bis zu sieben Tage festgehalten werden. Ihre rechtliche Stellung sei zudem schwächer als in einem Strafverfahren, wo etwa ein Pflichtverteidiger zur Verfügung gestellt werden muss. Kritik übten die Experten auch daran, dass aus dem Entwurf bisher nicht eindeutig hervorgeht, dass unverzüglich ein Richter hinzugezogen werden muss.

Digitale Überwachung

Die Polizei soll künftig mit richterlicher Anordnung auch auf Messengerdienste wie Whatsapp zugreifen können. Dies findet zwar überwiegend Zustimmung, Kritik entzündet sich aber daran, dass die Programme der Polizei alle Daten eines Smartphones auslesen, also auch private. Dies steht nach Auffassung der Kritiker im Widerspruch zu einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts.

Elektronische Fußfessel: Experten wie der Bielefelder Rechtswissenschaftler Christoph Gusy zweifeln an der Wirksamkeit im Hinblick auf die Verhütung terroristischer oder anderer Taten. Ähnlich argumentiert die Gewerkschaft der Polizei NRW. Befürworter postulieren hingegen, dass schon die Kontrolle durch eine Fußfessel abschreckend wirke.

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