Ex-BKA-Präsident Jörg Ziercke Pensionär in Unruhe

BERLIN · DAS PORTRÄT: Ex-BKA-Präsident Jörg Ziercke muss in wenigen Wochen in den Untersuchungsausschuss

 Jörg Ziercke.

Jörg Ziercke.

Foto: dpa

Jörg Ziercke ist seit wenigen Wochen Pensionär. Doch nichts ist mit Ruhestand des 67-Jährigen, seit öffentlich ist, was ein Parteifreund des Sozialdemokraten Ziercke ausgeplaudert haben soll. Wenn es stimmt, was der langjährige SPD-Innenexperte Michael Hartmann von Ziercke persönlich, als dieser noch Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA) war, erfahren haben soll, könnte es für den Ruheständler juristisch ungemütlich werden.

Schon im Januar kann Ziercke Klarheit schaffen, wenn er als Zeuge im Bundestags-Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Edathy-Affäre geladen ist. Der frühere Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy hatte mit Aussagen und einer eidesstattlichen Versicherung für Aufsehen gesorgt, wonach Ziercke seinen Parteifreund Hartmann mit Informationen über den Stand der Ermittlungen gegen Edathy wegen des Verdachts auf Besitz kinderpornografischer Bilder auf dem Laufenden gehalten habe. Ziercke ließ dies über einen BKA-Sprecher dementieren, ebenso wie Hartmann dementierte, dass er in der Sache von Ziercke immer wieder informiert worden sei. Doch womöglich steht der ehemals ranghöchste deutsche Polizist damit im Anfangsverdacht von Strafvereitelung im Amt, wie unter anderem die Grünen-Obfrau im Untersuchungsausschuss, Irene Mihalic, nicht ausschließt. Die Staatsanwaltschaft müsste dies jedenfalls prüfen.

Wie hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) noch bei der Verabschiedung Zierckes und der Einführung seines Nachfolgers Holger Münch, früherer Bremer Innenstaatsrat, gesagt? Das Amt des BKA-Präsidenten sei höchst exponiert und ziehe Kritik auf sich. Es sei "ein Minenfeld" und "politisch hochsensibel". Ziercke wird ihm da kaum widersprechen. Wie könnte er auch? Doch Ziercke sei in der Art und Weise, wie er das Amt ausgefüllt habe, zu einem "großen Präsidenten" gewachsen. "Der ist man nicht gleich, der muss man erst werden", lobte der Bundesinnenminister noch zu Zierckes Abschied.

Doch nun, nach beinahe elf Jahren an der Spitze des Bundeskriminalamtes, könnte auf die glänzende Laufbahn des gebürtigen Schleswig-Holsteiners ein sehr dunkler Schatten fallen. Wohl gemerkt: Nichts ist bewiesen. Es steht Aussage Edathy gegen Aussage Hartmann. Bald kommt Zierckes Aussage vor dem Ausschuss dazu. Er weiß: Ein BKA-Präsident, der im Amt an Unbeteiligte Informationen über ein laufendes Verfahren herausgegeben hätte, wäre in Schwierigkeiten.

Neben den Grünen will auch die Linke nicht stillhalten, nach dem, was Edathy über das Binnenverhältnis Ziercke-Hartmann zu Protokoll gegeben hatte. "Für mich wäre es ein Justizskandal, wenn hier nicht ermittelt wird, obwohl in einem Untersuchungsausschuss des Bundestages ein Zeuge unter Eid aussagt, dass es so gewesen ist", so der Linken-Obmann im Untersuchungsausschuss, Frank Tempel. Unionspolitiker wie Wolfgang Bosbach (CDU) sehen die Koalition inzwischen gar in einer großen Belastungsprobe.

Wie seine Grünen-Kollegin Mihalic, SPD-Obmann Uli Grötsch und auch Unions-Obmann Armin Schuster ist auch Tempel gewissermaßen Berufskollege von Ziercke: Alle vier Obleute ihrer Fraktionen arbeiteten vor ihrem Einstieg in den Bundestag als Polizisten respektive Kriminalbeamte. Ziercke sieht sich also geballter Polizeikompetenz gegenüber, wenn er in wenigen Wochen ins Feuer des Untersuchungsausschusses muss.

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