Katzenvolkszählung in NRW? So kämpfen Kommunen gegen Streuner

Düsseldorf · Immer mehr Kommunen, darunter auch Bonn, versuchen mit Verordnungen und Bußgeldern, Katzenfreunde zum Kastrieren ihrer „Freigänger“ zu bewegen. Das NRW-Umweltministerium hat dafür eine akribische Vorlage geliefert. Bürokratie-Posse oder Nothilfe?

Das NRW-Umweltministerium hat eine Katzenmusterverordnung erstellt, die auch Kastration von streunenden Tieren vorsieht.

Das NRW-Umweltministerium hat eine Katzenmusterverordnung erstellt, die auch Kastration von streunenden Tieren vorsieht.

Foto: dpa

Katzen haben Millionen Fans. An diesem Montag (8. August) wird sogar wieder „Weltkatzentag“ gefeiert. Doch für viele Kommunen sind die Mini-Tiger zur Plage geworden: Freilaufende Streunerkatzen vermehren sich massiv.

Im vergangenen Herbst hatte das nordrhein-westfälische Umweltministerium für die Kommunen eine teils skurril formulierte Katzen-Musterverordnung entworfen, um ihnen zu helfen, das Problem in den Griff zu bekommen. Der Vorschlag: Freilaufende Katzen zählen, Gesundheitszustand erfassen, kastrieren, kennzeichnen und registrieren.

Für die Opposition ein gefundenes Fressen: Hat der grüne Umweltminister Johannes Remmel eine „Katzenvolkszählung“ in NRW angestoßen?

Ganz so ist es nicht gekommen. Tatsächlich ist aber die Not mit den vermehrungsfreudigen Samtpfoten so groß, dass nach Zahlen des Deutschen Tierschutzbunds schon über 70 Kommunen in NRW Katzenverordnungen erlassen haben. Bundesweit sind es demnach bereits über 350.

Schon lange vor der Initiative des Ministeriums war Paderborn als erste deutsche Stadt aktiv geworden und hatte bereits 2008 eine behördliche Kastrationspflicht für freilaufende Katzen im Ordnungsrecht verankert. Hat es geholfen?

Steigende Anzahl von streunenden Katzen

„Das ist schwer zu zählen“, antwortet Tierarzt Ralf Lang vom Kreisveterinäramt Paderborn auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. Die scheuen, oft nachtaktiven Streuner seien kaum zu erfassen. „Die stellen sich ja nicht selber an.“

Die Zahlen des Paderborner Ordnungsamts sind allerdings ernüchternd. Obwohl im Kreisgebiet jedes Jahr mehr als 1000 herrenlose, teils verwilderte Katzen allein durch lokale Tierschutzvereine und das 2002 ins Leben gerufene Straßenkatzenprojekt „Kitty“ kastriert würden, steige ihre Zahl immer weiter an, bilanzierte die Behörde jüngst in einer Mitteilung. Die Folgen: steigende Krankheitszahlen in der Katzenpopulation, verstärkte Jagd auf Singvögel, wachsender Ärger der Bürger über verdreckte Kinderspielplätze und Vorgärten.

Resignieren ist für die Kreisveterinäre aber keine Option. „Jede kastrierte Katze hilft“, betont Lang. Ohne solche Programme wären sowohl die Leiden der Tiere als auch die negativen Folgen für Bürger, Kommunen und Steuerzahler noch größer. „Sie streichen ja auch nicht das Alkoholverbot aus der Straßenverkehrsordnung, nur weil sie nicht alle Alkohol-Sünder erwischen.“

Laut einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Industrieverbands Heimtierbedarf und des Zentralverbands Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands schnurrten im vergangenen Jahr insgesamt rund 12,9 Millionen Katzen in 22 Prozent aller deutschen Haushalte. Damit ist die Katze noch vor dem Hund das beliebteste Haustier Deutschlands.

Katzen-Verordnung in Bonn

Die Katzen-Verordnung der Stadt Bonn schreibt seit 2012 vor, alle über fünf Monate alten und damit geschlechtsreifen „Freigängerkatzen“ zu kastrieren, mit einem Mikrochip oder einer Tätowierung zu kennzeichnen und in einer Datenbank zu registrieren. Katzenhaltern, die ihren Pflichten nicht nachkommen, drohen bis zu 1000 Euro Geldbuße. Mit einem ausführlichen Erklärstück versucht das Veterinäramt Ahnungslosen auf die Sprünge zu helfen und beantwortet im Internet Fragen wie: „Meine Katze sehe ich nur selten, sie ist immer lange draußen und wenn sie zu Hause ist, bin ich bei der Arbeit - was soll ich machen?“

Das NRW-Umweltministerium hat in diesem Jahr die Fördermittel zur Katzenkastration verdoppelt, erhebt aber keine Daten, wie viele Kommunen seine Musterverordnung umsetzen. „Das Land hat hier keine Fachaufsicht“, sagt ein Sprecher. Die oft verspottete Muster-Verordnung sei aber von den Kommunen erbeten worden.

Aus Sicht von CDU-Landeschef Armin Laschet ist das Ministerium mit seiner detailverliebten 18-seitigen Vorlage zur Katzenzählung allerdings weit über das Ziel hinausgeschossen. Sein Rat: „Wer so agiert und keine Prioritäten setzt, sollte nicht Katzen zählen, sondern er sollte zählen, ob er noch alle Tassen im Schrank hat.“

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