Studentenvertreter klagen auf Rückzahlung des Betreuungsgeldes

Uni will stärker für Angebote werben - 150 Euro werden pro Semester fällig

Studentenvertreter klagen auf Rückzahlung des Betreuungsgeldes
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Bonn. (sj) Die Universität Bonn will mangels Beteiligung künftig stärker für ihr Betreuungsprogramm werben, das ausländische Studierende besser auf ihren Studienabschluss vorbereiten soll.

Seit dem Sommersemester 2007 müssen alle Studierenden aus Ländern außerhalb der Europäischen Union 150 Euro Betreuungsbeiträge pro Halbjahr zahlen. Im vergangenen Halbjahr waren laut Uni 1 253 ausländische Studierende zahlungspflichtig. Rund 190 000 Euro stehen aus den Betreuungsbeiträgen pro Semester zur Verfügung. Ein Viertel der Einnahmen soll für zentrale Verbesserungen ausgegeben werden, drei Viertel gehen an die Fakultäten.

Dazu zählen im zentralen Bereich etwa Sprach- und Studienstrategiekurse, die auf das selbstständige wissenschaftliche Arbeiten vorbereiten. Der Schwerpunkt liegt aber auf Tutorien und Beratungsangeboten sowie Abschluss-Coachings in den Fachbereichen. "Die Beteiligung der ausländischen Studierenden muss stärker wachsen", sagt Wolfgang Gerkhausen vom Dezernat für internationale Angelegenheiten der Bonner Alma mater auf Anfrage.

"Die Auslastung der Angebote und die Beteiligung an der Möglichkeit, konkrete Wünsche zur Betreuung an uns zu richten, sind uns noch zu gering." Die Wahrnehmung von Betreuungsangeboten stelle zusätzliche Anforderungen an Zeit- und Lern-einsatz, so Gerkhausen. "Vielleicht muss das Durchhaltevermögen durch zusätzliche Anreize gefördert werden." Hierzu würden konkrete Überlegungen angestellt.

Die Universität will ausländische Studierende nun direkt ansprechen und auf die Angebote aufmerksam machen. Mit einem Infoblatt seien Studierende aus dem Ausland zum Wintersemester auf das neue Programm aufmerksam gemacht worden, berichtet der stellvertretende Dezernent. Angedacht ist auch ein eigener Erstsemesterempfang speziell für ausländische Studierende. Außerdem soll das Zentrum für Evaluation und Methoden der Universität Bonn in Zukunft regelmäßig überprüfen, wie die Angebote ankommen und wo zusätzlicher Bedarf vorhanden ist. Gerkhausen: "Wir lernen ständig dazu."

Mit einer an alle beitragspflichtigen Studierenden versandten Umfrage hat die Hochschule ermittelt, wie im ersten Durchlauf die Zufriedenheit mit den Programmen war und was an fachgebundener Betreuung nachgefragt wurde. Der Rücklauf war allerdings mager. Von den 1253 zahlungspflichtigen Studenten antworteten demnach gerade einmal 80. "Wir hatten eine viel regere Beteiligung erwartet, zumal die ausländischen Studierenden immerhin 150 Euro pro Semester bezahlen müssen", meint der stellvertretende Dezernent.

Auch Umfragen an den Fakultäten seien nicht besser gelaufen. "Die mangelnde Beteiligung macht es uns nicht leichter, gezielte Angebote bereitzustellen", sagt Gerkhausen. Was die Umsetzung der Betreuungsangebote angehe, sei man aber auf einem guten Weg. "Es tut sich eine ganze Menge", zieht Gerkhausen Bilanz. Inzwischen hätten sich praktisch alle Fakultäten und Fachbereiche darauf geeinigt, wie sie die Gelder verwenden wollen.

"An jeder Fakultät gibt es mittlerweile auch eine Beratungsstelle, die studienbezogene Fragen der ausländischen Studierenden zu den Betreuungsbeiträgen beantwortet und über die fachlichen Betreuungsangebote informiert." Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) lehnt die Betreuungsbeiträge als unsozial ab. "Weil sie Studierende vor allem auch aus ärmeren Ländern außerhalb der Europäischen Union von einem Studium in Deutschland abschrecken", begründet AStA-Chef Christopher Paesen.

"Die Betreuungsbeiträge vertragen sich außerdem nicht mit dem Anspruch Bonns, eine internationale Stadt zu sein." Unisprecher Andreas Archut entgegnet, dass die Zahl der neu in Bonn eingeschriebenen Ausländer im Wintersemester von zuvor 18,7 Prozent auf 20 Prozent deutlich gestiegen sei. "Von einer abschreckenden Wirkung des Betreuungsbeitrages kann deshalb nicht die Rede sein", so Archut. Im internationalen Vergleich sei Deutschland hinsichtlich der Höhe der Studienkosten ohnehin "ein ausgesprochenes Billig-Lern-Land."

Der AStA hat indes beim Verwaltungsgericht in Köln bereits im Sommersemester eine Klage gegen die Universität Bonn auf Rücknahme und Rückzahlung der Betreuungsbeiträge eingereicht. "Wir vertreten die Auffassung, dass für den Senatsbeschluss der Bedarfsnachweis für derartige Beiträge hätte erbracht werden müssen", meint der AStA-Vorsitzende. Die Universität habe wegen des laufenden Verfahrens die Herausgabe von Daten über die Betreuungsangebote verweigert.

"Das ist sehr irritierend", meint der AStA-Vorsitzende. "Wir haben nun eine eigene Evaluation durchgeführt." Die Umfrage sei noch nicht vollständig ausgewertet. Rund 50 ausländische Studierende hätten an der Umfrage teilgenommen. "Die Angebote sind insgesamt sehr schlecht angenommen worden", sagt Paesen. "Das deutet darauf hin, dass es bei den ausländischen Studierenden praktisch keinen Bedarf für das Betreuungsprogramm gibt."

Die Abbrecherquote ausländischer Studenten an deutschen Unis sei mit rund 70 Prozent etwa doppelt so hoch wie die der einheimischen, sagt Gerkhausen. "Bislang fehlten uns für geeignete Programme die Mittel, das hat sich durch die Betreuungsbeiträge geändert." Ziel sei, deutlich mehr ausländische Studierende zum Abschluss zu führen. "Das ist im Interesse aller Beteiligten", begründet Gerkhausen. Auch der internationale Ruf der Stadt hänge davon ab, welche Erfolgschancen ausländischen Studierenden eröffnet werden.

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