25 Tiere sollen angesiedelt werden. Wasserbüffel an der Ahr begeistern nicht alle

Sinzig · 25 Wasserbüffel aus den Karpaten sollen bei Sinzig angesiedelt werden. Das Land übernimmt die Finanzierung. Das Projekt begeistert allerdings nicht alle.

 Sollen an der Ahrmündung in Sinzig weiden: Wasserbüffel.

Sollen an der Ahrmündung in Sinzig weiden: Wasserbüffel.

Foto: SGD Nord

Das Projekt "Wasserbüffel an der Ahrmündung" nimmt konkretere Formen an. Bereits vor einem Jahr wurde in Sinzig die Idee vorgetragen, dort rund 25 derartige Hornträger anzusiedeln. Zum einen würden der Naturschutz, die Landwirtschaft und der Tourismus eine sinnvolle Symbiose eingehen, zum anderen würde eine Attraktion in der Region geschaffen, die zudem mit einem Rundweg und Aussichtsplateau das teils stark verwilderte Gebiet an der Ahr aufwerten könnte, so die Initiatoren.

In einer Informationsveranstaltung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGDN), die das Projekt federführend betreut, regte sich im Sinziger Rathaus allerdings auch unvermuteter Widerstand. Die Fläche liege im Hochwassergebiet, behauptete ein Landwirt, der sich trotz vielfacher anderslautender Fakten nicht eines Besseren belehren ließ, Jäger äußerten ihren Unmut, weil sie um ihre Entfaltungsmöglichkeiten fürchten und die Kommunalpolitik merkte an, dass sie ja noch gar nicht beraten, geschweige denn entschieden habe. Die von SGD-Nord-Vertreter Stefan Backes vorgetragene Bemerkung, man stehe im Sinziger Rathaus dem Vorhaben wohlwollend gegenüber, sei deshalb irreführend, zumindest aber vorschnell.

"Alles Fremde ist erst mal Mist", meinte Backes von der Oberen Naturschutzbehörde aus Koblenz hierzu. Es sei leider normal, dass es bei solchen Projekten zunächst Widerstände gebe. Auch wenn diese nicht immer nachvollziehbar seien. Um das Beweidungsprojekt an der Ahrmündung umzusetzen braucht die Struktur- und Genehmigungsdirektion nicht nur die Unterstützung von Kreis, Stadt und Kommunalpolitik, sondern zur Arrondierung von Flächen auch Parzellen einiger privater Grundstückseigentümer. Dies beispielsweise im Rahmen eines freiwilligen Landtauschs.

Eine Extensivbeweidung in Fauna-Flora-Habitat-Gebieten wird allgemein als gute Möglichkeit der Entwicklung solcher Areale bewertet. So hat man in den vergangenen zehn Jahren eine hohe Effektivität von derartigen Beweidungssystemen festgestellt: Die ökologische Vielfalt wird nachweislich erheblich gestärkt, unterstreichen Experten.

Rund 20 Hektar soll das Gebiet insgesamt groß sein, auf dem die aus den Karpaten stammenden Robustrinder ihre neue Heimat finden sollen. Durch die geringe Besatzdichte von 0,8 Tieren pro Hektar würden - so der Plan - etwa 25 dieser Paarhufer am Zulauf der Ahr in den Rhein weiden und munter wiederkäuen können.

Männliche Karpatenbüffel werden mehr als 800 Kilo schwer, bei einer Schulterhöhe von 1,35 Metern. Was das Futter anbetrifft, so gelten sie als anspruchslos: Die muskulösen Tiere mit ihren geschwungenen Hörnern bevorzugen als Weidegelände kurzen Magerrasen sowie Äste, Blätter, Früchte von Bäumen und Sträuchern. Im Winter stehen Heufutter aus Sauergräsern und Maisstängeln gerne auf der Paarhufer-Speisekarte. Wasserbüffel, so berichtete Backes, seien gute Futterverwerter. Nicht nur das: Selbst der Dung trägt zur Artenvielfalt in Naturschutzgebieten bei: Er lockt mehr unterschiedliche Insekten an als der Kot anderer Tierarten. Das zieht auch mehr Vögel an, die sich von Insekten ernähren.

Wasserbüffel im Naturschutzgebiet

Geht es nach der SGD Nord, so wird sich das Sinziger Projekt im Naturschutz-, Vogelschutz- und FFH-Gebiet zunächst über 15 Jahre erstrecken. Dort gibt es zwar einen hohen Anteil an öffentlichen Flächen, jedoch auch einige Streifen, die sich in privater Hand befinden. In bevorstehenden Gesprächen will man die Eigentümer für das Vorhaben gewinnen und ihnen Tauschflächen anbieten.

Auf Rundwegen, Stegen und Beobachtungstürmen sollen die Wasserbüffel Besuchern erlebbar gemacht werden. Schon jetzt gibt es ein Wegenetz, das jedoch verbessert werden soll.

Da feuchtnasse Gebiete liebende Wasserbüffel naturgemäß gute Schwimmer sind und verhindert werden soll, dass sich die Hornträger von Sinzig aus auf den Weg nach Rotterdam machen, müssen Vorrichtungen geschaffen werden, die das verhindern. Dies rief so manchen auf den Plan, der befürchtet, dass in etwaigen, im Wasser stehenden Zaunanlagen auch Treibgut angeschwemmt und angesammelt würde, das bei Hochwasser für zusätzliche Stauungen sorgen könnte.

Dass die Büffel gesundes und schmackhaftes Fleisch liefern und die dunkeläugigen Vierbeiner mit ihren stark behaarten Ohren indirekt dank starker Milchproduktion zu erstklassigen Sinziger Mozzarellalieferanten avancieren dürften, zog bei den Gegnern des bemerkenswerten Vorhabens, um dessen wissenschaftliche Begleitung sich bereits mehrere Universitäten bemühen, zunächst einmal nicht. Und als Backes dann noch festhielt, dass das Projekt ja bereits mit dem Landkreis und der Stadt abgestimmt sei, sah sich dann auch die Kommunalpolitik genötigt, darauf hinzuweisen, dass dies mitnichten der Fall wäre.

Dabei kann die Stadt Sinzig eigentlich nur gewinnen: Die gesamte Finanzierung ist nahezu durch die Stiftung Natur und Umwelt des Landes gesichert. Ein entsprechender Förderbescheid liegt längst vor. Trotz kleinerer Widerstände und Bedenken kam Backes unter dem Strich zu dem Ergebnis, dass das Projekt in Sinzig unterstützt und von Wohlwollen begleitet wird. Und wenn nicht? "Dann schlagen wir hier das Buch zu und schlagen es woanders auf."

Es sei ja lediglich ein Angebot der SGD Nord, führte auch Rolf Schäfer vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) an. Er ist für den freiwilligen Flächentausch bei diesem Projekt zuständig. Mit leichter Verärgerung - aber dennoch zuversichtlich - fügte er an: "Es ist hier noch eine Menge vor dem Pflug zu bearbeiten."

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