Für Toiletten auf dem Feld ist keiner zuständig

Größe und Art der Wohncontainer regelt das Gesetz, den Zustand der sanitären Außen-Anlagen der gesunde Menschenverstand - Behörden wollen das Problem in Bornheim gemeinsam lösen

  In Containern  sind die Helfer aus Osteuropa während der Erdbeer- und Spargelsaison im Vorgebirge untergebracht.

In Containern sind die Helfer aus Osteuropa während der Erdbeer- und Spargelsaison im Vorgebirge untergebracht.

Foto: Lannert

Bornheim. Die Spaziergängerin kommt am Erdbeerfeld vorbei. Daneben eine große Fläche mit Rhabarber. Mittendrin zwei Erntehelfer, die ihre Notdurft verrichten. Die Frau ist angewidert, schreibt einen Leserbrief an den General-Anzeiger.

Wer ist für die sanitären Anlagen auf den Feldern zuständig, wollten wir wissen - und stießen auf eine "Gemengelage von Zuständigkeiten", wie Andreas Vieregge sagt, der stellvertretende Leiter des ebenfalls involvierten Staatlichen Amtes für Arbeitsschutz in Köln. Zuständig ist neben der Bundesanstalt für Arbeit, dem früheren Arbeitsamt, auch die Stadt Bornheim.

"Ich bin persönlich angesprochen worden von verschiedenen Bürgern, die ebenfalls die nicht vorhandenen sanitären Anlagen ansprachen. Daraufhin sind wir aktiv geworden. Unsere zwei Außendienstmitarbeiter haben kontrolliert und festgestellt, dass tatsächlich an manchen Stellen meist polnische Helfer weit weg vom Gehöft eingesetzt sind und dort keine Toiletten stehen.

Bisher reichten Hinweise, und die Landwirte haben Dixi-Klos aufgestellt, sagte auf Anfrage des General-Anzeigers Herbert Gatz, der Leiter des Bornheimer Ordnungsamtes. Daraufhin habe seine Dienststelle alle in Frage kommenden Bauern angeschrieben. "Die haben alle zugesagt, sie hätten bei Bedarf sanitäre Anlagen aufgestellt."

Das "bei Bedarf" ist allerdings gesetzlich nicht geklärt, sagen alle Behörden. Und haben sich deshalb an Ort und Stelle getroffen, um das Problem Unterbringung und Arbeitsbedingungen von polnischen Erntehelfern gemeinsam anzugehen, bestätigte Vieregge.

Klare Aussagen macht lediglich Udo Martinet, Sprecher der Bundesanstalt für Arbeit in Bonn. Mit Hinweis auf die gesetzlichen "Durchführungsanweisungen" nennt er Zahlen für die Unterbringungen, alles Mindestanforderungen: Die Schlafräume müssen pro Person sechs Quadratmeter groß sein, nicht mehr als sechs Menschen dürfen sich ein Zimmer teilen.

Die Räume müssen im Winter beheizbar sein und eine Lüftungsmöglichkeit bieten. Männer und Frauen sind getrennt - außer Familien. Pro acht Personen verlangt der Gesetzgeber eine Toilette, ab zehn eine Dusche.

Je zwei Bewohnern muss eine Kochstelle zur Verfügung stehen. Bei den sanitären Anlagen draußen baut Martinet auch auf den einfachen Menschenverstand der Beteiligten. "Es sollte doch klar sein, dass ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern einen vernünftigen Arbeitsplatz stellt - eben auch mit Toiletten."

Appelle richtet laut Gatz auch die Stadt Bornheim an die Bauern. Bisher mit Erfolg, so der Ordnungsamtsleiter. Dass die Stadt bei Verstößen gegen die Hygieneverordnungen oder das Baurecht einschreiten müsse, sei logisch.

Da es aber keine klaren Angaben des Gesetzgebers gebe, wann wo welche sanitären Einrichtungen aufgestellt werden müssen, fordert Gatz eine Zusammenarbeit aller. "Wenn die Arbeiter in der Nähe des Hofes sind, braucht man kein Dixi-Klo. Sind sie weiter entfernt, sollte man dem Landwirt doch gar nicht erst sagen müssen, was er zu tun hat. Das ergibt sich doch wohl von alleine." Als Behördenchef hätte aber auch der Bornheimer gerne mehr Klarheit. Das Thema Saisonarbeiter werfe viele Probleme auf, brächte etliche Ämter auf den Plan.

Arbeitsamt, Arbeitsschützer, Zoll, Kreisverwaltung als Ausländerbehörde und Gesundheitsamt, Polizei, Feuerschutz und Bauaufsicht seien da nur einige der Anlaufstationen.

Arbeitsschützer Vieregge findet in der Arbeitsstättenverordnung viele Regeln für Arbeitsplätze, ob in Fabriken, in Bauernhöfen oder auch im Freien. "Was mit Feldern und Äckern ist, steht in keinem Gesetz. Hier fehlt die konkrete Zuständigkeit. Bei Verstößen gegen Sitte und Anstand ist das Ordnungsamt gefordert. Die Unterbringungen sind nach dem Baugesetz privilegiert, also nicht von Politikern extra zu genehmigen."

So beschäftigte sich jüngst der Bornheimer Planungsausschuss mit dem Problem ( der General-Anzeiger berichtete). "Die Container sind schädlich für das Stadtbild", hatte es da in heftiger Diskussion geheißen.

Die Verwaltung informierte darüber, die Baugenehmigungen für sieben Wohncontainer auf einem Feld zwischen Walberberg und Sechtem und für sieben Container an der Schubertstraße seien bereits erteilt. Fünf weitere beantragte Wohncontainer ständen bereits gegenüber dem Klärwerk Bornheim. Nicht über einzelne Container, sondern über die Häufung entbrannte die Diskussion.

Wenn man die drei zuerst angesprochenen Behördensprecher hört, soll möglichst bald ein fundierter Kompromiss gefunden werden, um sanitäre Anlagen und Unterbringungen zu regeln. Denn: "Ohne Erntehelfer kann unser Betrieb nicht existieren", sagte Landwirt Claus Ritter auf Anfrage des General-Anzeigers.

"Ohne die ausländischen Erntehelfer läuft gar nichts", ergänzte Bernhard Rüb, Sprecher der Landwirtschaftskammer Rheinland. "Ohne sie gäbe es keinen Spargel und keine Erdbeeren aus unserer Region."

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