Lothar Stauch über seinen Ruhestand Scheidender Jugendamtsleiter kann sich jetzt den Oldtimer widmen

NIEDERKASSEL · In der Niederkasseler Jugendhilfe ist Lothar Stauch eine Institution: 27 Jahre lang hat der 63-Jährige das städtische Jugendamt geleitet. Ende Februar scheidet Stauch aus dem Amt, das Marc Serafin übernehmen wird. Axel Vogel befragte den Siegburger zu seiner persönlicher Bilanz.

 Niederkassels Jugendamtsleiter Lothar Stauch freut sich auf die Zeit mit seinem Triumph TR6.

Niederkassels Jugendamtsleiter Lothar Stauch freut sich auf die Zeit mit seinem Triumph TR6.

Foto: Axel Vogel

Herr Stauch, fällt der Abschied schwer?
Lothar Stauch: Die jahrzehntelange Tätigkeit, insbesondere im Bereich eines Jugendamtes, steckt man nicht so einfach weg. Das Jugendamt Niederkassel ging am 1. Januar 1987 in Betrieb, ich trat meinen Dienst in Niederkassel am 1. Oktober 1986 an. Das war eine spannende Angelegenheit, zumal das Jugendamt nicht von allen Niederkasselern begrüßt wurde. Inzwischen hat sich das deutlich geändert, nicht zuletzt wegen einer gewissen Bodenständigkeit. Dabei war es nie unser Leitfaden, aus Tätigkeiten 'Modelle' zu machen, sondern uns auf notwendige Hilfen vor Ort zu konzentrieren.

Sorgen um die Nachfolge?
Stauch: Nein, ich gehe auch mit einem lachenden Auge, weil jetzt eine jüngere Generation von Jugendhilfeexperten in Niederkassel Chancen zur Umsetzung neuer Erkenntnisse bekommt.

Was sind die größten Erfolge des Jugendamtes?
Stauch: Heute haben wir in städtischer Trägerschaft das Kernjugendamt, 14 städtische Kindertagesstätten, zwei offene Jugendfreizeiteinrichtungen, eine Familien-, Ehe- und Lebensberatungsstelle. Freie Träger und kirchliche Träger runden das Angebot ab. Die Qualität der Mitarbeiter ist ausschlaggebend dafür, dass sich die Jugendhilfe Niederkassel sehen lassen kann.

Wie hat sich Jugendhilfepolitik im Laufe der Zeit geändert?
Stauch: Es hat insbesondere im Bereich der persönlichen Hilfen starke Veränderungen gegeben. Ich verweise auf geradezu revolutionäre Schritte in den späten 60ern und frühen 70ern. Damals gab es nicht nur die notwendige Reform der Heimpflege, sondern auch die Entstehung der sozialpädagogischen Familienhilfe. Nachdem der Fokus lange auf Hilfe außerhalb der Familie gerichtet wurde, standen nun Maßnahmen innerhalb der Familie im Fokus. Inzwischen ist das der Regelfall.

Welche Herausforderungen stellen sich der Jugendhilfe?
Stauch: Das 21. Jahrhundert wird uns lehren müssen, dass Kinder keine Experimentiermasse sind. Dazu müssen Bildung und Ausbildung forciert werden, ohne die jungen Menschen zu überfordern. Natürlich werden wir uns verstärkt auch um die Förderung und Integration von Menschen mit Migrationshintergrund zu kümmern haben.

Die Integration ausländischer Jugendlicher war und ist ein schwieriges Thema. Muss sich die Stadt hier Versäumnisse vorwerfen lassen, ist sie zu wenig auf Migrantenfamilien zugegangen?
Stauch: Die Stadt unterhält gute Beziehungen zum Moschee-Verein in Lülsdorf, zudem stehen alle Angebote auch Menschen mit Migrationshintergrund zur Verfügung. Die Stadt kann allerdings nicht alles regeln. Da muss auch der Mitbürger aktiv werden, sich und seine Familie am gesellschaftlichen Leben beteiligen. Elementar dazu gehört auch das Erlernen der deutschen Sprache und der Besuch einer Kita vor dem Schuleintritt.

Heimunterbringung ist ein Thema, das den Etat vieler Kommunen wie Niederkassel zunehmend belastet. Was sind die Gründe?
Stauch: Ja, die Fälle nehmen zu, was auch ein Spiegelbild der Gesellschaft und vieler Familien ist, die nicht mehr intakt sind. Das Jugendamt versucht zunächst, die Kinder so lange wie möglich in den Familien zu lassen. Es gibt aber Fälle, wie Vernachlässigung, Missbrauch, Gewalt in jeder Form oder Erziehungsunfähigkeit, die eine Heimunterbringung notwendig machen. Da sich dann Spezialisten um die Kinder kümmern, kostet diese Form der Betreuung viel Geld.

Was macht Lothar Stauch denn nun im Ruhestand? In seinem Triumph-Cabrio Richtung Süden fahren?
Stauch: Ich bin dank erheblicher Resturlaubsansprüche schon in der Übung und werde sicher auch den Triumph genießen. Vor allem will ich viel Musik hören, und zudem bin ich ja in Siegburg noch politisch für die SPD tätig. Langeweile dürfte da eigentlich nicht aufkommen.

Zur Person:
Lothar Stauch wurde 1950 in Siegburg geboren und trat 1968 als Verwaltungspraktikant in die Dienste der Stadt Köln ein. Nach seiner Prüfung zum gehobenen Dienst arbeitete er im Kölner Jugendamt, unter anderem als Sachbearbeiter für die "Sozialistische Selbsthilfe Köln". 1979 wechselte er ins Troisdorfer Jugendamt, wo er als Amtsvormund tätig war. 1986 bewarb er sich bei der Stadt Niederkassel. Dort leitete er seit 1987 das neu gegründete Jugendamt. Der Vater eines Kindes engagiert sich zudem seit 1972 in der Siegburger SPD. Dort ist er stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Stadtrat.

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