Basketball Europameisterschaft EM-Aus für Deutschland nach Niederlage gegen Spanien

BERLIN · Der Ärger brach sich zur Unzeit seinen Weg. Nach der dritten frustrierenden Vorrunden-Niederlage für die deutschen Basketballer bei der EM-Vorrunde in Berlin kritisierte Spielmacher Dennis Schröder Bundestrainer Chris Fleming. Fleming konterte.

Einen weiteren Zoff-Schauplatz eröffnete DirkNowitzki, der Daniel Theis, einen der Spieler, die für die EM abgesagt hatten,weil dieser nach einer Schulter-OP inzwischen längst wieder für seinen ClubBrose Baskets Bamberg aktiv ist: „Frechheit“. Es folgte der unmittelbare Kontervon Theis-Berater und Ex-Nationalspieler Ademola Okulaja. Ebenfalls:„Frechheit.“ Ehe sich gestern auch die Bamberger mit einem offiziellenStatement gegen die Vorwürfe von Deutschlands höchster Basketball-Instanz zurWehr setzten: „Unfair.“ Der DBB hat offenbar eine Überprüfung des Sachverhaltesbei der Basketball-Bundesliga (BBL) angefordert.

Es war Feuer unter dem Dach bei Deutschlands Basketballern.Ausgerechnet vor dem letzten Gruppenspiel gegen Spanien, das nach einemmühsamen Sieg gegen Island, einer bitteren Niederlage in letzter Sekunde gegenhochfavorisierte Serben, einer Pleite gegen eigentlich schlagbare Türken, diesich Flemings Team selbst zuzuschreiben hatte, und der wieder knappenNiederlage gegen Italien, zum Endspiel gewordenwar. Es ging ums Weiterkommen. Und um das Olympiaticket, das Nowitzki sich und seinenKollegen doch so sehr wünschte. „Es wäre toll, wenn wir den Jungs dasermöglichen könnten, hatte er unlängst in einem Interview gesagt.

Umso weniger kann der Ungern-Superstar von den DallasMavericks verstehen, dass ein Spieler wie Theis nicht dabei ist. VergangenenSonntag war Theis im Vorbereitungsspiel in Italien für eine halbe Stunde imEinsatz gewesen und hatte zuletzt ein Video eines krachenden Dunks von ihm veröffentlichtmit dem Zusatz: „Yes, die Schulter hält!!!“ Die Schulter-OP sei lange geplantund mit dem DBB abgesprochen gewesen, so der Einwurf aus Bamberg. Manrespektiere die Reaktion nach einer harten Niederlage, gleichwohl halte man siefür unfair. Theis sei am 23. Juni operiert worden, mit der Prognose sechs bisacht Wochen auszufallen. Auch wenn er inzwischen wieder am Trainingsbetrieb undden Trainingsspielen teilnehme, so sei dies doch ein erheblicher Unterschiedzum Wettbewerb einer EM.

Nach Medieninformationen soll die Angelegenheit ein Nachspielhaben. Der DBB fordert in einem Schreiben die Basketball-Bundesliga (BBL) auf,zu prüfen, ob Theis tatsächlich nicht einsatzbereit war. Denn dieAbstellungspflicht für Nationalspieler ist zwischen Verband und Liga eindeutiggeregelt. Auf die Tatsache, dass Theis 30 Minuten in einem Freundschaftsspielmitwirkte, reagierte der DBB mit Verwunderung.

Für Nowitzki ist eine solche Kritik ungewöhnlich, aber siehatte Hand und Fuß – und er kann sie sich erlauben.

Dass der 21-jährige Dennis Schröder den Bundestraineröffentlich kritisierte, war dann doch etwas gewagt. Aber es passt zu dem Partseines Charakters, der ihn weit gebracht hat. Eine Entscheidung desBundestrainers vor laufender Kamera als „nicht so schlau“ zu bezeichnen,ist - nicht so schlau. Gestern entschuldigte sichSchröder dann ebenfalls öffentlich. Auf Facebook schrieb er: „Ich habe einenFehler gemacht und möchte mich bei Coach Fleming entschuldigen.“ Es war umFlemings Ansage zum Ende der regulären Spielzeit gegangen, die Italiener beidrei Punkten Vorsprung an die Freiwurflinie zu schicken und ihnen so zweiPunkte zu gestatten.

Der Trainer wollte den wurfstarken Italienern keinesfallsdie Chance auf einen Dreier erlauben, sondern einen Punkt Vorsprung retten plusBallbesitz für sein Team in den verbleibenden letzten Sekunden des Spiels unddamit die Möglichkeit, selbst das Spiel zu entscheiden.

Er habe „dem Coach abgeraten“, einen Gegenspieler an dieFreiwurflinie zu schicken. Da Alessandro Gentile seine beiden Würfe traf,Schröder anschließend nach einem an ihm begangenen Foul aber nur einen, glichendie Italiener durch einen einfachen Feldwurf von Danilo Gallinari zum 76:76 aus,erzwangen die Verlängerung und siegten 89:82. Für Dirk Nowitzki war FlemingsVorgabe zumindest ungewohnt.

„In der NBA machen wir das nicht“, sagte der PowerForward der Dallas Mavericks: „In Europa macht das jeder. Wenn eine Mannschaftdrei vorne ist, haben wir das im Training immer gemacht“, hatte Nowitzki spätergesagt und so vielleicht schon wieder versucht, die Wogen zu glätten. Aber dahatte der Bundestrainer schon ungewöhnlich scharf reagiert: „Wenn wir danachunsere beiden Freiwürfe machen, ist die Sache gegessen", sagte der er mitBlick auf seinen Kritiker, der gerade sein bestes EM-Spiel gemacht hatte. Dochweil Schröder nur einen von zwei Freiwürfen nutzte, konnten sich die Italienerdurch NBA-Star Gallinari fünf Sekunden vor dem Ende doch noch in dieVerlängerung retten.

Der Bundestrainer war dünnhäutig. Das hatte er schon vor derARD-Kamera bewiesen. „Basketball kann so schön sein, aber auch so brutal“, schwadronierteModerator Claus Lufen und fragte: „Manchmal denkt man, man hat die falscheSportart, oder?“ Fleming überlegte kurz und sagte dann doch, was er wohl selbstfür undiplomatisch hielt, wonach ihm aber jetzt war: „Philosophieren können wirein anderes Mal.“ Die ganze Woche überhatte er den Blick nach vorn gerichtet, nie zurück geblickt. Für Negatives warnicht genug Zeit bei fünf Spielen in sechs Tagen, hatte er stets betont. Jetztplatzte es auch aus ihm heraus. Lange ruhte der See still, nach der Niederlagegegen Italien gab es ordentlich Seegang. Der Frust aus drei bitterenNiederlagen hatte sich an einem Abend entladen.

Geholfen hat es trotzdem nicht.

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