Franzosen fahren bei der Tour hinterher

Gap · Die Wunden von Jean-Christoph Péraud an Armen und Händen sind seit seinem Sturz bei der Tour de France dick verbunden. Der unglückliche Vorjahreszweite hat den Eindruck: "Die Tour frisst mich auf."

 Jean-Christoph Péraud ist nach seinem Sturz deutlich gezeichnet. Foto: Kim Ludbrook

Jean-Christoph Péraud ist nach seinem Sturz deutlich gezeichnet. Foto: Kim Ludbrook

Foto: DPA

Trost für Péraud kam sogar von Staatspräsident und Tour-Ehrengast François Hollande: "Sie haben sich in die Herzen der Franzosen gefahren."

Schmerzen ganz anderer Art quälen Bernard Hinault und viele seiner radsportbegeisterten Landsleute. Die Gastgeber fahren bei der 102. Tour de France chancenlos hinterher. Die magere Ausbeute bisher ist der Etappensieg von Alexis Vuillermoz. Sonst nur Pech, Pannen und Pleiten.

Die Aussichten sind nicht die besten: 30 Jahre nach dem letzten französischen Gesamtsieg durch Hinault dient der fünfmalige Toursieger nicht als Mutmacher und wählte einen Vergleich aus dem Motorsport, um den Unterschied zur Konkurrenz zu erklären. "In Frankreich haben wir Motoren mit 750 Kubik, die anderen haben vielleicht 1000."

Im Vorjahr trauten die wenig verwöhnten Franzosen ihren Augen nicht. Auf den Champs Élysées standen auf dem Siegerpodest neben Vicenzo Nibali ihre Landsmänner Péraud und Thibaut Pinot auf den Rängen zwei und drei. In diesem Jahr kam die Ernüchterung. Ohne Punch und Fortune versuchen die Radprofis aus Frankreich, aus dem Schatten der anderen Nationen zu treten.

Immerhin halten die einheimischen Medien noch fest zu ihren glücklosen "chouchou" (übersetzt etwa: "Herzchen"). Eine extra Kamera in den TV-Live-Übertragungen ist ihren Landsleuten sicher, egal an welcher Position sie gerade hinterherfahren. Sturzverletzungen, ein zweiter und dritter Platz oder eine lange, erfolglose Flucht garantieren im Tour-Zentralorgan "L'Equipe" seitenlange Berichte.

Den besten Beweis für ihre Unzulänglichkeit lieferten Romain Bardet, im Vorjahr Sechster, und Pinot ab. Auf der 14. Etappe sah auf dem Flugfeld in Mende alles nach dem zweiten Etappensieg für die Franzosen aus. Die beiden lagen sicher in Führung - eigentlich konnte nichts mehr passieren. Die TV-Kommentatoren überschlugen sich schon vor Begeisterung. Dann kam in der letzten Kurve der Brite Steven Cummings wie aus dem Nichts herangeschossen und schnappte den amateurhaft taktierenden Youngstern den Sieg noch vor der Nase weg. Die Geschlagenen waren den Tränen nahe.

Dabei hatten die Ergebnisse in den Tour-Generalproben Besseres erhoffen lassen. Pinot gewann Etappen in der Tour de Romandie und in der Tour de Suisse, Bardet die schwere Bergetappe der Dauphiné-Rundfahrt in Pra-Loup, wo die Tour de France am Mittwoch Station machen wird.

"Wir haben gute Fahrer wie Bardet, Pinot und Barguil, aber ihnen fehlen im Vergleich zu den anderen irgendwie fünf Prozent - das macht den Unterschied", beurteilte der schon 38 Jahre alte Routinier Péraud seine Landsleute.

Warren Barguil liegt als bester Franzose auf Platz zehn des Gesamtklassements mit 11:03 Minuten Rückstand auf Christopher Froome. John Degenkolbs Teamkollege war am Dienstag Auslöser des spektakulären Sturzes von Geraint Thomas auf dem Weg nach Gap, der zum Glück weitgehend folgenlos blieb - anders als bei Péraud.

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