Der Dom-Blues und einige dreckelije Krätzje

Gerd Köster und Frank Hocker spielen im Bonner Pantheon ihr urkölsches Musik-Programm "Frisch" - Kabarett mit Thomas Reis

Bonn. Wer Gerd Köster so zuhört, der mag am Ende glauben, der Blues komme direkt aus einem urkölschen Herz. "Frisch" heißt das Programm, das er jetzt gemeinsam mit Frank Hocker im Bonner Pantheon vorstellte.

Begleitet von dem ehemaligen Höhner-Gitarristen Franz-Martin Willizil, der seinerseits wiederum wie einer aussieht, dem der Blues ohnehin schon in Fleisch und Blut übergangen ist. Mit ein bisschen Country, Rock und Folk dabei und den typisch-dreckelije "Krätzje" gehen zweieinhalb Stunden auf diese Weise genauso wunderbar leicht dahin wie ein gemütlicher Kneipenabend in Kösters Heimatstadt.

Obwohl oder gerade weil der Mann alles andere ist als "politisch korrekt". Den Unterschied zwischen "allein (v)erzogenen" Kindern, die ihm im Café den letzten Nerv rauben, und Terroristen bringt Köster geradewegs auf den Punkt: "Terroristen haben zumindest noch Sympathisanten". Zündet sich auf der Bühne genüsslich eine Zigarette an und nennt das schlichtweg "Kunst". Beliebt machen muss er sich dabei nicht.

Nicht bei denen, die seine Musik und seinen Stil sowieso mögen und mit denen er sich auch außerhalb des Theaters ohne viele Worte verstehen würde. Und ohne die "Denkblasen" aus den Comics, die er als Junge praktisch fand, und die es im wahren Leben ja leider nicht gibt. Aber eines weiß Köster auch so: "Das Leben ist ein herrlicher Individien-Salat". Und Prost! Ulrike Strauch

Kabarett:"Gibt`s ein Leben über 40?", fragte Kabarettist Thomas Reis im Pantheon das Publikum, welches nach seiner Einschätzung für diese Frage allerdings zu spät kam. Als "ABC-Promoter" (Grundschullehrer) versuchte er, den Abend alphabetisch zu ordnen und begann bei A wie Altersstarrsinn und Angela Merkel, die sich in seinen Augen vom Pony zur Killerstute gemausert und in 13 Monaten mehr als andere in einem ganzen Jahr vollbracht habe.

Bei E angekommen gab es natürlich nur eine Assoziation: Edmund Stoiber, der "Pitbull der Syntax". Fazit: "Es reicht nicht nur, sich keine Gedanken zu machen, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken." Bei H wie Hamas ließ Reis den alphabetischen Faden abreißen und seinen Gedanken freien Lauf.

Heutzutage bekämen mehr Rentner Bafög als Rente, was unweigerlich zu der Frage führte, wann es Mensaessen in Schnabeltassen gäbe. Er befand es als Unverschämtheit, dass man im Fernsehen Sendungen wie das "Dschungel-Camp" sehen müsse, die wider die Natur seien: Desiree Nick verspeist Maden! Eigentlich solle es doch umgekehrt sein. Es hielten sich zu viele alte Menschen illegal im Diesseits auf!

Mit sichtbarem Grausen ließ der 43-jährige seinen 40. Geburtstag, an dem er den "Rubikon des Alters" überschritt, Revue passieren: Dem "Arche-Noah-Prinzip" folgend kamen alle Gäste paarweise und brachten ihm Geschenke wie Nasenhaartrimmer, Funktionsunterwäsche und Pulsmesser.

Reis mokierte sich aber nicht nur über das Altern sondern hatte auch Ratschläge parat: "Besser ihr schlagt die Zeit tot als umgekehrt." Er selbst hält es frei nach Goethe: "Alles verzehren bis zum End, das ist das beste Testament."

Reis unterhielt die Zuschauer über drei Stunden lang (selbst sein alter Motorroller kam zu Wort!) und man hätte ihm noch viel länger zuhören und vor allem auch zuschauen mögen. Seine Gesten und vor allem seine Mimik ließen keine Gefühlsregung offen: Verzweiflung, Wut, Freude, Hoffnung, Häme, und das zum Teil gleichzeitig.

Das ABC brachte er übrigens im Schnelldurchlauf doch noch zu Ende, so dass ihm keiner unterstellen kann, er sei senil. Katrin Berentzen

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