Ära König Kasper König zieht mit seiner letzten Ausstellung im Museum Ludwig Bilanz

KÖLN · Er sei der "amtstälteste Museumsonkel in der Geschichte dieses Hauses", schmunzelt Kasper König. Doch als Märchenonkel präsentierte er sich vor seiner letzten Ausstellung als Direktor des Kölner Museums Ludwig nicht.

Wenngleich märchenhaft anmutet, was in den zwölf Jahren seiner Amtszeit ins Haus kam. Mit einem "Museum unserer Wünsche" war er an den Start gegangen, mit einer Ausstellung voller Desiderate: Weiße Zettel klebten unter den Wunschbildern, goldene dann unter den Ankäufen durch Mäzene. Zwei Drittel der Wünsche gingen damals in Erfüllung. Viele kamen dazu. Und jetzt, zum Finale als Ausstellungsmacher, heißt es "Ein Wunsch bleibt immer übrig".

Es ist eine sehr vielschichtige Ausstellung mit bedeutenden Positionen der letzten 20 Jahre, mit Überraschungen und einer Bandbreite, die von Video und Fotografie über Malerei zur Objektkunst und Installation reicht. Die Schau ist auch eine Bilanz des Museumsmanns: 2000 Werke hat der 68-Jährige in seiner Amtszeit ins Haus geholt, 80 ausgewählte, mitunter selten oder nie gezeigte Stücke sieht man in "Ein Wunsch bleibt immer übrig".

Die Schau ist aber auch das Abbild eines Netzwerks, das die Institution Museum trägt: Unzählige Fans und Mäzene haben den Kunst-Zuwachs in der Ära König ermöglicht. Ob Franz Wests Sitzgruppe auf fleckigem Atelierboden und vor Bilder-Placebos oder Thomas Bayrles endlos anmutende, absurde Miniaturautobahn, Isa Genzkens grandiose, mit unheimlichen Kinderpuppen und flatternden Schirmen bestückte Großinstallation "Kinder filmen" - immer wieder ermöglichte die Peter und Irene Ludwig Stiftung den Ankauf.

Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig

Eine feste Bank für das Museum Ludwig ist auch die Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig, die den Wolfgang-Hahn-Preis vergibt und Kunstwerke der Preisträger erwirbt: Ina Genzkens zwischen Minimalkunst und der Grandezza venezianischer Palazzi changierende Stahl- und Epoxidharz-Rahmen "Venedig" wurden 2002 angekauft, Niele Toronis regelmäßige Pinselabdrücke kamen über den Preis 2003 ins Museum, Rosemarie Trockels "Wasser" 2005 und Mike Kelleys "Primal Architecture" 2006.

Die Freunde der Art Cologne und das Kuratorium des Wallraf-Richartz-Museums zeigten sich spendabel, die "jungen Mitglieder" der Gesellschaft für Moderne Kunst unterstützten den Ankauf von Tom Burrs Videokabinen aus Sperrholz.

Die Sammler Gaby und Wilhelm Schürmann bescherten dem Museum schließlich ein sehr amerikanisches, von Selfmade-Mythos und Cowboyromantik durchdrungenes Ensemble inklusive Baked-Beans-Büchse von Cady Noland, das zu den stärksten Stücken der Schau zählt, und seinen Kontrapunkt in Jimmie Durhams ausladender Installation "Building a Nation" findet.

Der Cherokee versammelt in einer Landschaft aus Schrott, Brennholz und billigen Linoleumböden alle Bösartigkeiten des Weißen Mannes gegenüber den Indianern. Unlängst war das Werk in "Vor dem Gesetz" zu sehen. Auch viele andere Werke der Schau erinnern an Ausstellungen der Ära König, etwa die Blätter von Maria Lassnig.

"Ich bin jeden Tag gerne im Museum"

Manches Werk wie die raumfüllende und bewohnbare rosa Installation "The Second Sentence of Everything I Read is You: The Queen Mary" wird erstmals gezeigt. Auch bei den amerikanischen Landschaftsfotos, die als kleine Sonderschau Königs Bilanz begleiten, ist bislang Unbekanntes zu finden.

"Ich bin jeden Tag gerne im Museum", sagt König, "und das, obwohl ich ein völlig uninstitutioneller Typ bin. Da hat man doch den Bock zum Gärtner gemacht." Der freut sich, wenn das Publikum kommt, "es ist beruhigend, nicht alleine zu sein". Keine Inszenierung, keine Gags wünschte sich König für seine Dernière.

Bis auf die schrillen Arbeiten der rebellischen Nonne Sister Corita hat er auf Provokantes verzichtet. "Ich wollte die Offenheit widerspiegeln, die ein Museum haben kann, das ist eine beruhigende Form des Abschieds." Den zelebriert König mit Stolz und einer "gewissen Wehmut".

Noch Wünsche offen? "Wenn alle Wünsche in Erfüllung gingen, das wäre der Albtraum."

Museum Ludwig, Köln; bis 4. November. Di-So 10-18 Uhr. Eine Publikation zur Ära König soll im Herbst erscheinen.

Elf Daten zu Kasper König

  • Kasper König wird am 21. November 1943 im westfälischen Mettingen geboren.
  • Als 23-Jähriger organisiert er eine Ausstellung des Pop-Art-Künstlers Claes Oldenburg, zwei Jahre später eine Schau von Andy Warhol.
  • 1977 stellt König mit Klaus Bußmann die internationale Ausstellungsreihe "Skulptur.Projekte" in Münster auf die Beine.
  • In der Ausstellung "von hier aus" vereint König 1984 in Düsseldorf die Elite der Gegenwartskunst. Das Spektrum reicht von Anselm Kiefer über Joseph Beuys bis Georg Baselitz.
  • 1989 wird König Rektor der Städelschule in Frankfurt/Main. Er leitet die renommierte Kunsthochschule für elf Jahre.
  • 1993 und 1994 kuratiert er Ausstellungen von Gerhard Richter in Paris, Bonn, Madrid und Stockholm.
  • Seit 2000 ist König Direktor des Museums Ludwig in Köln. Dort gelingen ihm viel beachtete Ausstellungen.
  • Das britische Kunstmagazin "Art Review" wählt König 2009 auf Platz 60 der einflussreichsten Kunstschaffenden der Welt.
  • Im selben Jahr erhält er für sein Lebenswerk den Kunstpreis First Annual Art Award des New Yorker Guggenheim-Museums.
  • König hat vier Kinder.
  • Seine Nachfolge in Köln übernimmt Philipp Kaiser.
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