Coronavirus in Essen Ärzte wollten Verwandte in das Impfprogramm schleusen

Essen · Ehepartner, Familien, ganze Ärztefamilien fand der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Essen auf der Liste der Praxisangestellten. Reagiert hat er mit einem süffisanten Brief und „diktatorischen Streichungen“.

 Hinweisschilder mahnen zum Tragen von Masken in einer Arztpraxis (Symbolfoto)

Hinweisschilder mahnen zum Tragen von Masken in einer Arztpraxis (Symbolfoto)

Foto: picture alliance/dpa/Paul Zinken

Niedergelassene Ärzte in Essen haben laut der örtlichen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) versucht, widerrechtlich Familienmitglieder mit in das Impf-Programm für ihre Praxen zu bekommen. Das geht aus einer E-Mail des Vorsitzenden der Kreisstelle Essen der KV Nordrhein, Ralph-Detlef Köhn, hervor, aus der am Donnerstag die „Westdeutsche Allgemeine“ (WAZ) zitierte.

Wie die Zeitung berichtete, organisiert Köhn derzeit die Corona-Schutzimpfung für die rund 1300 niedergelassenen Ärzte in Essen sowie deren Angestellte. Die Unregelmäßigkeiten seien dem in Essen praktizierenden Internisten bei der Sichtung der Anmeldungslisten aufgefallen. Köhn bestätigte der dpa die Angaben der Zeitung.

Ironisch schreibt der KV-Kreisvorsitzende von „großer Freude“

Mit einer Mischung aus Ironie und Ernsthaftigkeit schrieb Köhn in der Mail laut WAZ: „Wir haben mit großer Freude feststellen können, wie viele Ehepartner, Schwiegereltern, ganze Familien offenbar in Euren Praxen beschäftigt sind.“ Und weiter: „Es ist nicht meine Aufgabe, das zu kontrollieren, aber Ihr solltet berücksichtigen, dass diese Liste an die KV, die Stadt, das Impfzentrum etc. geht und auch von vielen Kollegen eingesehen wird.“

Der Zeitung sagte Köhn: „Sie haben in jeder gesellschaftlichen Gruppe, also auch unter Ärzten, einige, die sich nicht an die Regeln halten.“ Gleichwohl enttäusche ihn der Versuch, Familienangehörige bevorzugt in das Impfprogramm zu bekommen, indem man sie als Praxis-Angehörige ausgebe. „Ich hätte eigentlich erwartet, dass so etwas unter Ärzten gar nicht vorkommt.“ In „vielleicht zehn“ Fällen habe er dann schließlich eingegriffen, sagte Köhn der „WAZ“. „Wir haben die entsprechenden Personen dann diktatorisch aus der Liste der Impflinge gestrichen.“ Zu den 1300 niedergelassenen Ärzten kommen nach Schätzungen von Köhn noch rund 4800 Praxis-Angehörige, die sich in diesen Tagen impfen lassen können.

Nach Angaben der KVNO-Zentrale koordinieren die Kommunen die Impfungen der niedergelassenen Ärzte und des Praxispersonals. Die KV stellten dafür den Kommunen Verzeichnisse zur Verfügung, sagte ein Sprecher in Düsseldorf. Die Impfungen würden dann in den Impfzentren vorgenommen. Geimpft werde der Impfstoff des Herstellers Astrazeneca.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Tiefer Eingriff
Kommentar zur Debatte um eine Impfpflicht Tiefer Eingriff
Aus dem Ressort
Rückkehr zur Yucca-Palme
Unterm Strich: Echtes Office statt Home-Office Rückkehr zur Yucca-Palme