Kernkraft-Pläne der EU Brüssel will Vergabe von Zuschüssen für neue Meiler erleichtern

BRÜSSEL · Ist Europa auf dem Weg zurück ins Atomzeitalter? Pläne der EU-Kommission, staatliche Subventionen für neue Kernkraftwerke zu genehmigen, haben gestern für Wirbel in Brüssel und den Mitgliedstaaten gesorgt.

Zwar bemühte sich die EU-Zentrale, entsprechende Befürchtungen zu zerstreuen: "Die Kommission möchte in keiner Form zu Subventionen für Kernkraft ermuntern." Doch da hatten sich die Atomenergie-Gegner schon in Stellung gebracht: "Die EU-Kommission ist offenbar in gestrigem Denken verfangen", schimpfte der sozialdemokratische Europa-Abgeordnete Bernd Lange.

"Der Club der Atomfreunde um die EU-Kommissare Oettinger und Almunia tritt für eine Kehrtwende in der Energiepolitik ein", schäumte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Straßburger Plenum, Rebecca Harms. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte vor der Bundespressekonferenz fest: "Deutschland hat dagegen gestimmt. Und das unterstütze ich."

Auslöser des Krachs war ein Papier von Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia, der derzeit die Regeln für staatliche Beihilfen im Energiebereich überarbeitet. In Zusammenarbeit mit seinem deutschen Kollegen Günther Oettinger entstand dabei ein Papier, in dem die bisher auch schon geltenden Vorschriften für Subventionen der Mitgliedstaaten zum Bau von Kraftwerken festgeschrieben werden.

Atomreaktoren sind darin eingeschlossen. Herbert Reul, Chef der CDU-Abgeordneten in der europäischen Volksvertretung, erklärte: "Es gibt keinen europäischen Atomausstieg, die Mitgliedstaaten legen selber fest, ob sie Kernenergie nutzen wollen oder nicht." Da einige EU-Länder neue Atommeiler bauen wollten, sei es nötig, für staatliche Beihilfen gemeinsame Standards zu entwickeln. Die sollen dann für alle Kraftwerke gelten - egal ob es um Wind, Sonne oder Atom geht.

Mit dieser Erklärung wollen sich Umweltorganisationen wie Greenpeace nicht zufriedengeben. Deren Sprecher Mark Breddy sagte unserer Zeitung: "Staatliche Beihilfen, die die EU erlaubt, müssen im europäischen Interesse sein. Da bereits zahlreiche EU-Länder auf Atomenergie verzichtet haben oder aussteigen, kann davon keine Rede sein.

Brüssel setzt deren Bürger einem erhöhten Gesundheitsrisiko aus, wenn staatliche Zuschüsse für neue Meiler gebilligt werden." Obwohl die Kommission nicht aktiv für eine Rückkehr zur Kernkraft plädiert, macht sie die Finanzierung neuer Reaktoren zumindest leichter. Der Widerspruch der Bundesregierung ist weitgehend folgenlos. Da es sich um eine Überarbeitung bestehender Wettbewerbsregeln handelt, hat Berlin kein Vetorecht.

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