Trinkwasserverseuchung Kritik an der Krisenkommunikation

KREISSTADT · Die Krisenkommunikation im Fall der Trinkwasserverseuchung durch Coli-Bakterien im vergangenen Jahr in Bad Neuenahr und auf der Grafschaft hat eine Konsequenz. Denn sie war eher "suboptimal".

Das räumte Kreisstadt-Beigeordneter Hans-Jürgen Juchem beim zweitägigen Bürgermeisterkongress vor 89 hauptamtlichen Kommunalchefs von Sylt bis Bayern in Bad Neuenahr ein. Das Krisenmanagement oblag der Kreisverwaltung Ahrweiler.

Gastgeber waren der Behördenspiegel und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) aus Bonn. Dessen Präsident, Christoph Unger, erklärte im Gespräch mit dem General-Anzeiger, wie die Lehre aus dem Fall, bei dem die Bürger wochenlang ihr Trinkwasser abkochen mussten, aussieht: "Die Bürgermeister haben erkannt, dass sie in Sachen Krisenkommunikation externes Wissen brauchen."

Dieses soll dadurch vermittelt werden, dass sie an der Akademie für Krisenmanagement, Notfallhilfe und Zivilschutz in Ahrweiler (AKNZ) die Schulbank drücken. AKNZ-Vize Dieter Franke bestätigte die entsprechenden Seminaranmeldungen. Die Akademie ist ein international anerkanntes Bildungszentrum im Zivilschutz. Unger: "Doch bisher galt der Prophet im eigenen Land wohl nichts." Das soll sich ändern.

Lokale Fallbeispiele beschäftigten denn auch die 89 Teilnehmer des achten Bürgermeisterkongresses. Das Spektrum reichte dabei vom Unwetter und seinen Folgen bis zur Evakuierung einer halben Stadt nach einer Explosion und Feuer.

Zur Krisenstabsarbeit gab's eine Expertenrunde. Wobei Johannes Feyrer von der Berufsfeuerwehr Köln klarmachte, dass es immer noch eine Grundidee in den Köpfen gebe: "Wenn etwas schief geht, rufen wir die Feuerwehr." Feuerwehren allein könnten jedoch kein Krisenmanagement leisten. Das sei Aufgabe von Kommunen und Kreisen im Zusammenspiel mit Polizei und Hilfsorganisationen.

Wie wichtig jedoch auch jeder einzelne Helfer sei, machte Professor Annette Spellerberg von der Technischen Universität Kaiserslautern am Beispiel einer fiktiven Evakuierung des Stadions Betzenberg in Kaiserslautern klar: "Da hören die Menschen auf die Ordner, nicht auf Notfall-Apps." Das hätten entsprechende Untersuchungen gezeigt.

"Lokal runtergebrochen bedeutet das", so Unger, "dass, wenn in Dernau Tausende Menschen zum Weinfest kommen und es eine Panik gibt, die Menschen tun, was die Helfer von Feuerwehr, THW oder DRK sagen, weil sie erkennbar sind." Diese Kräfte zu koordinieren, sei Aufgabe der Stäbe von Bürgermeistern oder der Verantwortlichen des Kreises.

Und warum tagt der Kongress am Stammort Ahrweiler? Reimar Scherz vom Behördenspiegel: "Das könnten wir auch in Berlin. Aber hier ist die Akademie, und hier ist das BBK." Der Tagungsort habe neben den Themen eine Art Sogwirkung auf die Teilnehmer, denn etliche seien "Wiederholungstäter".

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