Flughafenpianist in Köln/Bonn Mit dem Flügel nach New York, Rio, Tokyo

KÖLN/BONN · Terminal 2 am Airport Köln-Bonn. Menschen ziehen hastig durch das Flughafen-Areal, tragen schwere Rucksäcke oder ziehen Rollies gedankenverloren hinter sich her. Viele schauen hektisch auf ihre Uhren, um den Check-In nicht zu verpassen. Anspannung liegt in der Luft - Vorfreude, Aufregung, Stress? Wer weiß das schon.

 Constantin Aurel Chepa gibt in der Flughafen-Lounge den Ton an.

Constantin Aurel Chepa gibt in der Flughafen-Lounge den Ton an.

Foto: Susanne Haase-Mühlbauer

Ein Signal aus fünf Tönen erklingt durch den Lautsprecher und eine geschmeidige Männerstimme gibt den Sicherheitshinweis, das Gepäck nicht unbeaufsichtigt zu lassen. Das Fünf-Ton-Signal wiederholt sich, diesmal klingt es anders. Es passt sich ein in jazzige Melodien, erinnert an Keith Jarrett und sein Köln-Konzert von 1975.

Die stutzigen Blicke im Vorbeigehen, das zustimmende Lächeln oder auch der Ruck, der den Klavierliebhaber durchfährt und zum Verweilen anhält, sind Constantin Aurel Chepa bestens bekannt. Seit zwei Jahren spielt der Musikstudent an zwei Wochentagen das Piano in der Flughafen-Lounge. Eine echte Trennwand zwischen Terminal und Lounge gibt es nicht. Allenfalls der rotgeblümte Teppich, auf dem sich die Lounge-Sessel und der Kawai-Flügel befinden, markiert den Eintritt in eine andere Atmosphäre.

Die scheint mit der Hektik jenseits des roten Teppichs so gar nichts gemein zu haben. Im Gegenteil: Chepa lädt mit seinen entspannenden Klängen zu Höhenflügen ganz anderer Natur ein. Seine Musik verlockt zum Verweilen, sie reißt die Reisenden mit jazzig-peppigen Chill- Out-Rhythmen aus den Planungen und gibt ihnen ein paar Klänge mit auf die Reise.

Die Wahrnehmung jedes einzelnen ist natürlich verschieden. "Und sie ist wetterabhängig", meint Chepa zu erkennen. Bei gutem Wetter gehen die Menschen offener auf die Musik zu. "Manchmal spiele ich hier vier Stunden und erlebe kein spezielle Feedback", sagt der Lehramts-Student an der Kölner Musikhochschule mit Schwerpunkt Jazz-Klavier. "An anderen Tagen erlebe ich hier die unglaublichsten Geschichten."

Eine davon war die spontane Idee eines jungen Mannes, seiner Angebeteten bei deren Flughafenlandung ein Liebesgeständnis zu machen. Joe Cockers Ballade "You are so beautiful" erfragte er kurzerhand bei Chepa und schmetterte beim Anblick der ersehnten Schönen die Rockballade - mit Chepas Begleitung - quer über den Terminal. Das rührte nicht nur die Schöne zu Tränen.

Auch Kinder fühlen sich immer wieder magisch angezogen von Chepas Unterhaltungskünsten. Er lädt sie ein zum Mitmachen, erklärt kleine Melodien, sorgt zur Freude vieler Flughafengäste für vierhändiges Begleitspiel und bringt damit im Handumdrehen Abwechslung in den Alltags- oder Reiseplan. Überhaupt ist Abwechslung oberstes Gebot des Jazzpianisten. "Wenn ich ein Jahr lang immer die gleichen hundert Stücke spielen müsste, würde ich mich selber anfrusten", sagt Chepa, dessen Repertoireliste viele Stile in bekannten Songs mischt.

"Englishman in New York" (Sting), "Tears in Heaven" (Eric Clapton), "Hey Jude" (Beatles), "In unserem Veedel" (Bläck Fööss) - die Arrangements sind stilvoll, die Improvisationen dezent. Als Schüler des Jazz-Professors Stephan Görg weiß Chepa, wie spannungsvoll die Mischung aus Klassik und Jazz ist. Und die Mischung macht es auch im Leben des Kölner Studenten: Zwei Jazz- Chöre, eine Band, Klavierschüler, das Flughafen-Engagement und das Lehramts-Studium fordern den Studenten voll und ganz. Und wo will der Mann am Flügel persönlich mal landen? "Ein Berufsziel zu benennen klingt so final", gibt Chepa zu bedenken. "Ich habe eigentlich nur den Wunsch, dass Musik immer zu meinem Leben gehört."

Jeden Freitag und Mittwoch gehört Chepas Musik von 16 Uhr bis 20 Uhr zum Leben der Passagiere am Airport Köln-Bonn. Dann hebt er nicht selten mit seinem Flügel ab, in vier Stunden nach "New York, Rio, Tokyo"...

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