Fachwerk in der Region Häuser voller Geschichte und Geschichten

Siebengebirge · Das Erdgeschoss ist mit Eternit-Platten zugenagelt. Im Giebel befinden sich zwei Fenster mit Ganzverglasung, die von den Fachleuten "tote Augen" genannt werden. Es ist nur ein Beispiel für Fachwerksünden, die Heinrich Blumenthal in seinem neuen Buch aufführt.

 Zahlreiche Fachwerkschätze - wie hier in Oberdollendorf - finden sich im Siebengebirge.

Zahlreiche Fachwerkschätze - wie hier in Oberdollendorf - finden sich im Siebengebirge.

Foto: Frank Homann

Was bezwecken Sie mit diesem Buch?
Heinrich Blumenthal: Vor allem möchte ich Tipps für den richtigen Umgang mit diesen Schätzen geben. Deshalb erhalten es nicht nur die Mitglieder des Heimatvereins als Geschenk, sondern Eigentümer oder potentielle Käufer von Fachwerkhäusern können das kostenlose Büchlein beim Heimatverein anfordern.

Ein Fachwerkhaus wirkt märchenhaft. Aber ist der Besitz aus denkmalschutzrechtlichen Gründen nicht auch Last?
Blumenthal: Viele schrecken vor dem Kauf eines Fachwerkhauses zurück, auch wenn ein schmuckes altes Fachwerkhaus voller Geschichte und Geschichten seinen Bewohnern eine außergewöhnliche und individuelle Wohnqualität bietet. Denn sie fürchten Ärger mit den Denkmalschützern im Bauamt, hohe Kosten und stellen sich stattdessen lieber einen schlüsselfertigen Neubau zu festen Preisen und Terminen auf die grüne Wiese, weil das Geld und Nerven spart. Aber wer mit erfahrenen Architekten, neutralen Fachberatern und engagierten Denkmalschützern die Planungen richtig durchdenkt und fachkundige Handwerker ins Haus holt, kann Ärger vermeiden, Geld sparen und Freude an seinem Fachwerkhaus haben.

Was sollte beachtet werden?
Blumenthal: Zunächst sollte ein Interessent die Baugeschichte des Hauses erforschen, sich über bisherige Reparaturen kundig machen und die Bausubstanz durch Fachleute untersuchen lassen. Grundsätzlich muss gelten: Reparieren geht vor neu! Eine Faulstelle an einem Fachwerkbalken erfordert nicht unbedingt dessen komplette Auswechslung. Die Themen Wärmedämmung, Schädlinge und die Nutzung von Lehm, der in den alten Fachwerkhäusern für ein gutes Raumklima sorgte, spielen im Buch eine Rolle. Wichtig ist auch die richtige Auswahl von Farben. In hohem Maße wird das Erscheinungsbild eines Fachwerkhauses durch die Fenster bestimmt. Da werden viele Fehler gemacht.

Wie erkennt der Laie das?
Blumenthal: Das Buch zeigt aus den umliegenden Ortschaften schöne Fachwerkhäuser, die vorbildlich restauriert sind. Es gibt aber eben auch zahlreiche misslungene Beispiele, bei denen irgendwann das Fachwerk durch zum Beispiel Eternitplatten abgedeckt wurde oder die Wahl auf die falschen Fenster fiel. Was andererseits wie Fachwerk aussieht, ist es nicht immer. Fachwerkcharakter wird durch Attrappen vorgetäuscht. Außerdem werden die Konstruktionsprinzipien der Fachwerkbauweise wie Ständer- und Stockwerkbau erläutert.

Wann begann der Fachwerkbau?
Blumenthal: Im 12. Jahrhundert setzte sich der Fachwerkbau durch. Aber ich erläutere auch, wie sich die Behausungen der Menschen über die Jahrtausende hinweg entwickelten. Der Römer Vitruv schrieb zum Beispiel im 1. Jahrhundert vor Christus in seinem Werk "Zehn Bücher über Architektur" über das Fachwerk: "Fachwerk, wünschte ich, wäre nie erfunden." Das begründete der Architekt auch: Die Bauten aus Holz seien zwar preisgünstiger, aber Brandgefahr und häufige Risse im Verputz waren seine Negativkriterien. Interessant ist aber, dass die Fachwerktechnik sowohl beim einfachen Bauernhaus, als auch für Repräsentationsbauten des Adels oder kleine Sakralbauten genutzt wurde.

Zur Person

Heinrich Blumenthal (76) lebt seit 1968 in Königswinter, leitete 15 Jahre den Heimatverein Siebengebirge und ist nun dessen Ehrenvorsitzer. In seinem Berufsleben war dem Architekten die Denkmalpflege beim Staatlichen Bauamt Bonn übertragen worden. Blumenthal war im Rheinischen Verein für Denkmalpflege und in der Deutschen Burgenvereinigung aktiv und verfasste mehrere heimatkundliche Bücher. Er erhielt die Bundesverdienstmedaille und den Rheinlandtaler.

Kontakt

Das Buch "Fachwerk im Schatten der Sieben Berge" von Heinrich Blumenthal ist für die Mitglieder und Freunde des Heimatvereins Siebengebirge gedacht und kostenlos.

Außerdem erhalten Eigentümer von denkmalgeschützten Fachwerkhäusern in Königswinter auf Anforderung ein Exemplar vom Heimatverein kostenlos zugeschickt. Weitere Infos gibt es unter der Rufnummer 02223/3521, über den Heimatverein unter www.heimatverein-siebengebirge.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort