Pfarrheim Unkel Geschichtsverein bietet Theaterstück zum Kulturkampf des 19. Jahrhunderts

UNKEL · Laut schepperte die Glocke von Gemeindediener Jupp durch das Pfarrheim. Das Faktotum der Stadt weiß fast alles über alle Unkeler. Und dieses Wissen tat er auch postwendend kund.

 Der Pastor Johann Heinrich Stolten spricht in der Kirche mit den Kindern.

Der Pastor Johann Heinrich Stolten spricht in der Kirche mit den Kindern.

Foto: Küsters

"Unkel wird von den Preußen us Berlin rejiert, dabei hatte doch bislang immer der Pastuur dat Sagen. Der muss jetz sojar aufpasse, wat he sät, wejen dem Kanzelparajraph", verriet Günter Küpper, der in die Rolle des Gemeindedieners geschlüpft war, den Zuhörern.

Die waren ins Pfarrheim gekommen, um beim Geschichtsverein mit "Schockschwerenot, Herr Bürgermeister!" ein Stück über Politik und Intrigen in Unkel während des Kulturkampfes zu sehen, genauer zwischen der Jahre 1881 und 1890.

"Über Bürgermeister Altrock geht das Gerücht, in der Jauchegrub sei er erstickt und dass man ihn dorthin geschickt. Neuste Forschung hat erbracht, dass solch ein Frevel nur erdacht!", sprach Gisela Meitzner, die das Stück zusammen mit Elisabeth Bovy geschrieben hatte, die Unkeler von einem solchen Verbrechen frei.

Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass ihr Mann, Stadtarchivar Wilfried Meitzner, und der Vorsitzende des Geschichtsvereins, Piet Bovy, grundlegende Dokumente gesichtet und ausgewertet hatten, auf denen das Theaterstück basiert. "Unser Pastuur, der Johann Heinrich Stolten, und der protestantische Bürgermeister Carl Bertram Fransquin, die han sich nix jeschenkt", erinnerte Jupp.

Der Geistliche wetterte gegen "die Verbrecher in Berlin", die der Kirche 1872 die Schulaufsicht entzogen hatten und nur ein Jahr später von den Geistlichen sogar einen Universitätsabschluss forderten. "Die kirchlichen Amtsträger wehrten sich verbissen gegen die Machteinschränkungen, und bei dem ganzen Hick-Hack hat der Fransquin nen Schlachanfall bekommen", berichtete der Gemeindediener.

Die Hoffnung von Stolten (Werner Geißler), nun einen guten katholischen Bürgermeister zu bekommen, wurden enttäuscht. Landrat von Runkel (Norbert Knoppik) ernannte mit Oskar Theodor von Altrock (Wolfgang Ruland) einen protestantischen Ex-Oberstleutnant zum neuen Stadtchef.

Gegen diesen machte Anfang 1885 sogar der Schwiegersohn von Carl Loewe, der kaiserliche Kapitän zur See a.D. James Bothwell (Meitzner), als Ratsmitglied Front. In einem Beschwerdebrief an den Landrat bezichtigte er Altrock der Amtsanmaßung, ja sogar der Urkundenfälschung und des Betrugs. Ein Urteil, mit dem er nicht allein stand, wie der Applaus belegt.

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