Briten retteten sein Leben Hennerfer Ernst Kolmann berichtet von seinem Schicksal während der Nazi-Zeit

HENNEF/SIEGBURG · Der 87-jährige Ernst Kolmann, der am Donnerstag in der Hennefer Gesamtschule vor zahlreichen Schülern seine Erinnerungen Revue passieren ließ, ist Zeuge des dunkelsten Kapitels der Deutschen Geschichte. Die Nazi-Herrschaft war eine wahrhaft schreckliche Zeit für die in Deutschland lebenden Juden wie Ernst Kolmann.

 Beeindruckende Geschichtsstunde: Die Hennefer Gesamtschüler verfolgen aufmerksam den Vortrag von Ernst Kolmann.

Beeindruckende Geschichtsstunde: Die Hennefer Gesamtschüler verfolgen aufmerksam den Vortrag von Ernst Kolmann.

Foto: Ingo Eisner

Am 9. und 10. November 1938 wurden in ganz Deutschland Synagogen in Brand gesteckt, Wohnungen und Geschäfte geplündert und viele jüdische Bürger misshandelt und verhaftet. Großbritannien erklärte sich damals bereit, bis zu 10.000 jüdische Kinder aufzunehmen.

Mit dem sogenannten Kindertransport wurden auch Hunderte von Kindern und Jugendlichen aus dem heutigen Nordrhein-Westfalen gerettet. Darunter befand sich auch der damals zwölfjährige Ernst Kolmann, der sich von seinen Eltern Martin und Frieda Kolmann und seiner älteren Schwester Margrit für immer verabschieden musste. "Ich habe sie nie wiedergesehen", sagte der in London lebende Ernst Kolmann, der während seines beeindruckenden Vortrages oft mit den Tränen zu kämpfen hatte.

Am 17. Januar 1939 verließ ein Kinder-Rettungstransport den Kölner Hauptbahnhof. Im Zug befand sich eine erste Gruppe von Schülern des jüdischen Kölner Gymnasiums Jawne, darunter auch Kolmann. Der Direktor des jüdischen Gymnasiums Jawne, Dr. Erich Klibansky, hatte große Anstrengungen unternommen, um seine Schülerinnen und Schüler nach England zu retten. So konnten schließlich über 130 Kinder mit insgesamt vier Jawne-Transporten nach Großbritannien gebracht und gerettet werden. Kolmann kam mit seinen Klassenkameraden aus der Quarta nach London in ein sogenanntes Jawne-Hostel.

Kolmanns Besuch stand übrigens unter dem Titel "Rettung jüdischer Kinder des jüdischen Gymnasiums Jawne in Köln 1939" und in engem Zusammenhang mit der Ausstellung "Abschied 17 Uhr 13 - Erinnerungen an Kindertransporte und Polenaktion" des Lern- und Gedenkortes Jawne, die im Landeshaus des Landschaftsverbandes Rheinland in Köln bis zum 24. November gezeigt wird.

Dem eindrucksvollen Zeitzeugenbericht Kolmanns lauschten neben zahlreichen Hennefer Gesamtschülern auch Cordula Lissner und Adrian Stellmacher von der Gedenkstätte Jawne sowie der Hennefer Vizebürgermeister Jochen Herchenbach, Schulleiter Wolfgang Pelz und Kreisarchivarin Claudia Maria Arndt. Es sei vor allem das Wort Angst gewesen, womit er nach wie vor die schreckliche Zeit seiner Jugend verbindet. Die brennenden Synagogen, die brutalen und menschenverachtenden Nazi-Lieder, der Tod von so vielen Menschen - all das ist dem Mann, der 1925 in Wesel zur Welt kam und später in Köln zur Schule ging, noch stark in Erinnerung. So wie der Besuch der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) bei seiner Mutter und ihm. "Ich werde das bis zu dem Tag, an dem ich sterbe, nicht vergessen."

Kolmann ist durch die Ereignisse zum Teil sehr hart geworden. "Wer mich heute wegen meines Glaubens schlecht behandelt, dem haue ich auch noch mit 87 in die Fresse", sagte er. Auf die Frage eines Schülers, wie er sich später als Soldat gefühlt habe, als er am Ende des Krieges über Deutschland flog, sagte er unverblümt: "Ich war froh. Alles andere wäre gelogen."

Am Ende war Kolmann gerührt, als er von Schülern Geschenke entgegennahm. "Die Schuld ist für ewig. Da können Sie nichts machen. Alles, was sie tun können, ist aufzupassen, dass so etwas nie wieder passiert", sagte Kolmann und versprach: "Ich komme gerne wieder."

Im Anschluss fuhr er zusammen mit Claudia Maria Arndt nach Siegburg. Er besuchte dort zusammen mit der Kreisarchivarin das Grab seiner Großeltern Abraham und Pauline Marx sowie seiner Großtante Jettchen Böheimer. Kolmanns Mutter Frieda war eine gebürtige Marx und stammte aus Siegburg. Kolmanns Großeltern Abraham und Pauline Marx hatten in der Holzgasse in Siegburg bis 1910 eine Viehhandlung.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort