Siegburger Stadtgeschichte Gegen das Vergessen

SIEGBURG · An eins der dunkelsten Kapitel in der Siegburger Stadtgeschichte erinnerte Bürgermeister Franz Huhn bei einer Gedenkveranstaltung am Sonntag an der Ruine Uhlrather Hof. An der dortigen Gedenkstätte mit einer Tafel, die an die Ermordung dreier luxemburgischer Staatsangehöriger vor 69 Jahren erinnert, hatten sich rund 30 Bürger zu einer Kranzniederlegung und stillen Gedenkminute versammelt.

 Mahnende Worte sprach Siegburgs Bürgermeister Franz Huhn bei der Gedenkveranstaltung an der Ruine Uhlrather Hof.

Mahnende Worte sprach Siegburgs Bürgermeister Franz Huhn bei der Gedenkveranstaltung an der Ruine Uhlrather Hof.

Foto: Paul Kieras

An gleicher Stelle wurden am 23. August 1944 Marcel Charpantier, Camille Körner und Jean Bück auf Anordnung des NS-Regimes willkürlich hingerichtet. Der Grund dafür war der Befehl des SS-Führers Heinrich Himmler, als Vergeltung für die Erschießung des Ortsgruppenleiters der nationalsozialistischen "Volksdeutschen Bewegung" am 20. Juli 1944 im luxemburgischen Ort Junglinster zehn unbeteiligte Luxemburger in deutschem Gewahrsam zu erschießen. Dazu gehörten auch die drei später Hingerichteten, die im Siegburger Zuchthaus inhaftiert waren. Ihr "Verbrechen": Sie hatten sich geweigert, in die deutsche Wehrmacht einzutreten, wozu sie nach damaligem "Recht" verpflichtet gewesen wären. Denn der Trierer Gauleiter hatte kurzerhand das Großherzogtum Luxemburg zu deutschem Staatsgebiet erklärt.

Bück, Charpantier und Körner gingen 1943 in den Untergrund, wurden - unabhängig voneinander - im Juli 1944 gefangen genommen, erst zum Tode verurteilt, dann zu langjährigen Haftstrafen begnadigt und nach Siegburg verlegt. Nur zwei Stunden lagen zwischen ihrem Todesurteil und der Vollstreckung am 23. August. Huhn ging in seiner Rede nicht nur intensiv auf das Leben der drei jungen Männer und ihr furchtbares Schicksal ein, sondern forderte dazu auf, Zeitzeugen Gehör zu verschaffen und somit zu verhindern, dass Unrecht in Vergessenheit gerät. "Die Zeitzeugen des Dritten Reichs sind unsere lebendigen Geschichtsbücher, sie lassen eine ganze Epoche zu uns sprechen", so der Bürgermeister.

Wichtig sei es, sich aufgrund der Zeitzeugenberichte die Fragen zu stellen, wie man selbst damals als Opfer oder Täter reagiert hätte. Themen wie Zivilcourage, das Anprangern von Ungerechtigkeit und der Einsatz für andere seien bis heute aktuell, fuhr er fort. Zum Abschluss verwies er darauf, dass Siegburg heute längst zum Zuhause für Menschen aus 124 Nationen geworden ist, auch - und gerade - für solche, die in ihrer Heimat politisch verfolgt werden.

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