JVA Rheinbach NRW-Justizminister Thomas Kutschaty zu Besuch

RHEINBACH · Für den NRW-Justizminister war der Besuch in der JVA Rheinbach eine doppelte Premiere. "Auch in meiner Zeit als Anwalt habe ich keinen Insassen von hier vertreten, deshalb kenne ich die Anstalt nicht", sagte Thomas Kutschaty bei einem Pressegespräch.

 Kurzzeitig hinter Gittern: Anstaltsleiter Heinz-Jürgen Binnenbruck (rechts) zeigt Minister Thomas Kutschaty die JVA Rheinbach.

Kurzzeitig hinter Gittern: Anstaltsleiter Heinz-Jürgen Binnenbruck (rechts) zeigt Minister Thomas Kutschaty die JVA Rheinbach.

Foto: Wolfgang Henry

Die Hälfte der 37 Haftanstalten in NRW habe er seit seinem Amtsantritt im Juli 2010 von innen gesehen. Da mutet es als Lob für alle Beteiligten an, wenn der Minister ausführt: "Rheinbach hat eine gute Bausubstanz, motivierte Mitarbeiter, und die Häftlinge fühlen sich wohl."

Letzteres, so Kutschaty, liege wohl auch daran, dass Rheinbach "Vorbildcharakter" habe. So gebe es zwei Wohngruppen, wie die zur Behandlung von Gewalttätern. "Die Männer lernen, ihre Emotionen körperlich unter Kontrolle zu halten", zeigte sich der Justizminister beeindruckt. Durch die Wohngruppe, in der 16 Häftlinge innerhalb der Anstaltsmauern leben, werde das Gelernte sogleich in der Praxis getestet.

Die Justizvollzugsanstalten seien nicht mehr nur Orte, wo jemand weggesperrt werde. "Denn irgendwann kommt der Straftäter wieder raus, wohnt in unserer Straße, kauft in unserem Supermarkt ein", so der SPD-Mann. Deshalb müsse man alles tun, um einen Rückfall zu verhindern. "Wir sind nicht auf eine langfristige Kundenbindung scharf", meinte Kutschaty. Das sei auch das Hauptanliegen der geplanten Novelle des Strafvollzugsgesetzes.

Sein Vorschlag, Ersatzhaftstrafen durch soziale Aufgaben wie Straßenkehren zu ersetzen, hatte für Aufsehen gesorgt. Auf GA-Nachfrage sagte er, dass nicht jede Geldstrafe, die nicht gezahlt werden könne, nun in einen gemeinnützigen Dienst umzuwandeln sei. Aber der Richter müsse die Möglichkeit dazu haben. Auch, um 111,50 Euro pro Insasse pro Tag zu sparen.

Unterstützung erhielt er von Anstaltsleiter Heinz-Jürgen Binnenbruck. "Das ist ein überflüssiges Klientel, denn es handelt sich ja nicht um Straftäter, die man wegsperren muss." Rheinbach wäre allerdings von einer solchen Regelung nicht betroffen, da es keine Ersatzhaftplätze gibt. Angesprochen auf die von den Mitarbeitern im GA angegebene hohe Arbeitsbelastung sagte Kutschaty, mit 12.800 Mehrarbeitsstunden zum 30. November liege Rheinbach im Durchschnitt.

Bis Ende 2013 werde man in NRW fast 330 Stellen neu geschaffen haben. "Und das bei sinkenden Gefangenenzahlen", so der Minister. In Rheinbach sind von 500 Haftplätzen 475 belegt.

Binnenbruck sagte, dass er mit 240 Bediensteten "gut über die Runden komme". "Problematisch ist aber, dass wir im Gegensatz zu einer Behörde jeden kranken Kollegen durch einen anderen ersetzen müssen", so der JVA-Chef. Auch Bauarbeiten, in Rheinbach seit 15 Jahren im Gange, würden einen Mehreinsatz bedingen. "Dank zusätzlicher Mittel konnten wir vor Weihnachten aber einen Teil der Überstunden auszahlen", sagte der Anstaltsleiter.

Und ein Ende der Bauarbeiten ist auch in Sicht. Bis zur 100-Jahr-Feier 2014 wird die Politik den Neubau des C-Flügels wohl genehmigen. "Das Projekt hat hohe Priorität", so Kutschaty. 130 Gefangene müssen für die Zeit der Bauarbeiten verlegt werden, der Großteil wahrscheinlich nach Siegburg. Die dortige JVA steht nicht auf des Ministers Besuchsliste. "Da war ich schon drei Mal", meinte er mit einem Schmunzeln.

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