X-Men Origins: Wolverine

Fans der Comic-Serie kommen ebenso auf ihre Kosten wie Freunde des Action-Kinos

X-Men Origins: Wolverine
Foto: ap

Die drei "X-Men"-Filme, die in der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts auf die große Leinwand kamen, zählen zum Besten, was Comic-Verfilmungen bieten können.

Sie verbanden rasante Schauwerte mit einer exzellenten Darstellerriege und stellten gleichzeitig fundamentale Fragen nach dem Umgang mit Minderheiten, nach politischer Korrektheit und moralischer Klarsicht und nach den Möglichkeiten und den Gefahren der persönlichen Freiheit. Fragen, die in der Folge 11. September 2001 gestellt wurden.

Allmählich werden die Attentate auf das World Trade Center Teil der Geschichte, und auch die Mutanten der Marvel-Kultcomic-Serie gehen wieder zum Tagesgeschäft über. Laut, bunt und atemberaubend will "X-Men Origins: Wolverine" vor allem eins, nämlich sein Publikum fest in den Sitz drücken und es erst wieder loslassen, wenn die Achterbahnfahrt vorüber ist.

Geboren im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, glaubt der heranwachsende Logan zunächst, dass die fieberhafte Wut, die ihn bisweilen überkommt, und die knöchernen Klauen, die ihm dann aus dem Handrücken schießen, eine Krankheit sind. Doch sein bester Freund Victor legt ähnliche übermenschliche Merkmale an den Tag. Von ihrer Umwelt verstoßen, verdingen sich beide als Soldaten - bis Logan nach hundert Jahren der Kampfeinsätze auf verschiedenen Kriegsschauplätzen das Blutvergießen satt hat und sich zurückzieht.

Doch die zivile Idylle ist nicht von langer Dauer. Von der Vergangenheit brutal eingeholt und vom Rachedurst getrieben, lässt sich Logan von einem ambitionierten Militärwissenschaftler in die perfekte Kampfmaschine verwandeln - doch der größte Kampf, den er nun auszufechten hat, ist der um die eigene Identität. Ist er wirklich nur die Bestie in Menschengestalt, wie es ihm die Militärs zu suggerieren versuchen, oder ist er ein Mensch mit einer besonderen Gabe, der zu Größerem bestimmt ist?

Fotos Bilder zum FilmWährend das Drehbuch Ideen aus der wandlungsreichen, auf Papier veröffentlichten Geschichte des populären "X-Men"-Charakters Wolverine zu einem neuen, kinotauglichen Werdegang verstrickt, bedient sich Regisseur Gavin Hood augenzwinkernd in der Kinogeschichte - von "Blade Runner" über den "Terminator" bis hin zu "Australia" und natürlich den "X-Men"-Filmen selbst.

Fans der Comic-Serie kommen hier genauso auf ihre Kosten wie Freunde des gut gemachten Actionkinos - und Freundinnen des neuen Superstars Hugh Jackman, mit dessen Sex-Appeal der Film ausgiebigst kokettiert.

Doch nicht nur Wolverine wird hier zum Testobjekt für Experimente. Gleich zwei weitere Figuren (Deadpool, gespielt von Ryan Reynolds, und Gambit, verkörpert von Newcomer Taylor Kitsch aus der sehenswerten US-TV-Serie "Friday Night Lights") tauchen im Film mehr oder weniger nur deshalb auf, um die Publikumsreaktionen zu testen und dann zu entscheiden, ob sie im nächsten Film "X-Men: First Class" dabei sein werden, ob sie gar eigene Spinoff-Filme bekommen; oder ob man sie sang- und klanglos verschwinden lässt.

Dieses Kalkül ist "Wolverine" anzumerken; fürs Drehbuch überflüssig und dennoch frustrierend interessant, bremsen und überfrachten diese Figuren einen Film, der dadurch bei allem Kinospaß manchmal so wirkt, wie Patrick Stewart einmal den allerersten "X-Men"-Film beschrieb: wie ein teurer Trailer. Der natürlich die Vorfreude weckt auf das, was als Nächstes kommt.

(Film-Kritik aus dem General-Anzeiger)

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