Dirigenten im Bonner Beethoven-Haus: Tickte Beethovens Metronom richtig?

Musikwissenschaftliche Diskurse am Vorabend zu Kurt Masurs Dirigenten-Workshop

Dirigenten im Bonner Beethoven-Haus: Tickte Beethovens Metronom richtig?
Foto: Müller

Bonn. Bevor die sechs jungen Dirigenten, die zum Meisterkurs mit Kurt Masur nach Bonn gereist sind, am Montag Morgen zum ersten Mal den Taktstock in die Hand nehmen und sich vors Beethoven Orchester stellen, haben sie bereits gemeinsam ein Wochenende im Beethoven-Haus verbracht. Die Partituren der dritten und vierten Sinfonie Beethovens sowie der Egmont-Ouvertüre, die beim zweiten Meisterkurs auf dem Stundenplan stehen, unter dem Arm und im Kopf hatten sie sich am Samstag auf einen langen Nachmittag mit fundierten Vorträgen der Wissenschaftler des Hauses etwa zu Editionsfragen oder zur Dirigierpraxis der Beethovenzeit eingerichtet.

Der Nachmittag gestaltete sich durchaus spannend, weil die eher mit der Praxis als mit den wissenschaftlichen Hintergründen vertrauten jungen Musiker auf diese Weise sich mit ganz neuen Fragestellungen im Hinblick auf Beethovens Musik auseinandersetzen müssen. In den wissenschaftlichen Beiträgen von Helga Lühning, Beate Angelika Kraus und Jens Dufner ging es im wesentlichen um Fragen der Edition: Wie wichtig etwa ist das Originalmanuskript einer Partitur im Vergleich zu einer vom Komponisten autorisierten Druckvorlage? Was bedeutet es für die Interpretation, wenn, wie in der dritten Sinfonie, in einer Ausgabe plötzlich zwei zusätzliche Takte auftauchen?

Kurt Masur liegen solche Fragen nicht nur als Vorsitzender des Vereins Beethoven-Haus am Herzen, sondern vor allem natürlich als Musiker. Besonderes Anliegen ist ihm seit langem die Klärung von Beethovens rätselhaften Metronomangaben, die der Komponist 1817 für die Sinfonien 1 bis 8 veröffentlicht hatte. Die Tempoangaben sind in der Regel so extrem rasch, dass selbst heutige Orchester davor kapitulieren müssen. Hat Beethoven die Tempi bei der nachträglichen Festlegung selbst falsch eingeschätzt, oder tickte sein Metronom nicht richtig?

Auch wenn Bernhard R. Appel vom Beethoven-Haus die Frage unlösbar erscheint, plädiert Masur dafür, dass die Wissenschaft hier endlich Stellung bezieht: "Ich würde das nicht in der Luft stehen lassen. Wir müssen das klären", forderte er mit Nachdruck und erinnerte daran, dass er dem Beethoven-Haus ein Metronom aus der Beethovenzeit zur Verfügung gestellt habe, das seiner Meinung nach Licht ins Mysterium der Beethovenschen Tempi bringen könnte. Dieses Exemplar nämlich läuft zu langsam, so dass hier höhere Zahlen eingestellt werden müssen, um das gewünschte Tempo zu benennen. Montag Morgen wird man ab 10 Uhr hören können, welche Schlüsse die jungen Dirigenten, die bis auf einen Gast aus den USA alle aus Deutschland kommen, daraus ziehen.

Für die öffentlichen Proben des gemeinsam vom Beethoven-Haus, Beethoven Orchester und Dirigentenforum des Deutschen Musikrats ausgerichteten Meisterkurses in der Beethovenhalle sind noch Tickets erhältlich: Die Eintrittskarten für die Proben am Montag, 7. April von 10 Uhr bis 12.30 Uhr und 18 Uhr bis 20.30 Uhr und am Dienstag, 8. April 2008 von 10 Uhr bis 12.30 Uhr und 18 Uhr bis 21 Uhr kosten 9 Euro. Das Abschlusskonzert am Mittwoch, 9. April, 20 Uhr, ist ausverkauft, die Generalprobe findet am Mittwochvormittag von 10 Uhr bis 13 Uhr statt, die Karten dafür kosten 12 Euro.

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