Jean-Paul Belmondo Tod einer französischen Filmlegende

Paris · Jean-Paul Belmondo war das Gesicht der Nouvelle Vague. Als Ganove und Draufgänger wurde er zur Kultfigur des französischen Kinos.

Jean-Paul Belmondo: Tod einer französischen Filmlegende
Foto: dpa/Laurent Cipriani

Jean-Paul Belmondo hat sehr viel riskiert in seinen Filmen. Alle Szenen, auch die waghalsigsten, hat der französische Filmstar meist selbst gespielt. Er schwebte an einem Trapez unter einem Hubschrauber über Venedig, sprang über Züge oder saß auf dem Flügel eines Flugzeuges. Die Zuschauer liebten diesen unerschrockenen, lustigen, rauflustigen und mutigen Mann. Zuletzt kämpfte der meist sehr viril auftretende Belmondo allerdings gegen den körperlichen Verfall und mit einer angeschlagenen Gesundheit, nun ist er mit 88 Jahren gestorben. Seinen Fans hinterlässt er mehr als 80 Filme - und seinen Bewunderern das Bild eines Haudegens mit breitem, sympathischen Grinsen und zerknautschtem Boxergesicht.

Schauspieler wurde Belmondo, weil sein Vater, ein renommierter Bildhauer aus der Nähe von Paris, es wollte. Aber der Weg zum Ruhm war trotz der elterlichen Förderung lang und beschwerlich. Nach der Schauspielschule schlug er sich als Berufsboxer und Darsteller in Wandertheatern durchs Leben, eine Zeit, die er sehr genossen habe. „Ich wollte Clown werden, ich ging immer in den Zirkus. Nur das hat mir gefallen. Boxen und Zirkus “, gestand er einmal in einem Interview.

Der Film wurde zu einem Meisterwerk

Der Durchbruch kam für Belmondo dann über Nacht. Mit „Außer Atem“ machte der Regisseur Jean-Luc Godard im Jahr 1959 den damals 26-Jährigen zu einem Star. Die Filmbewegung Nouvelle Vague, die vor allem um die 1960er-Jahre erfolgreich dem Kommerzkino den Rücken kehrte, setzte mit einer unkonventionellen Erzählstruktur neue cineastische Maßstäbe. Der Film wurde zu einem Meisterwerk und Belmondo zum Aushängeschild der Kino-Rebellen.

Nach diesem Erfolg holte ihn Claude Sautet in „Der Panther wird gehetzt“ in der Rolle eines jungen Gangsters vor die Kamera. In „Der Teufel mit der weißen Weste“ lässt ihn Jean-Pierre Melville einen Polizeispitzel spielen. François Truffaut drehte mit ihm „Das Geheimnis der falschen Braut“ und Jacques Deray „Borsalino“. Doch Belmondo war wandlungsfähig. Dass ihm auch Melancholie und Verletzbarkeit gut standen, bewies er 1960 in „Stunden voller Zärtlichkeit“ von Peter Brook. Den Abenteurer und Actionhelden brachte Philippe de Broca in „Cartouche, der Bandit“ und in „Abenteuer in Rio“ zutage.

Legendär ist auch die ewige Rivalität mit seinem Schauspielerkollegen Alain Delon, die sie sogar vor Gericht brachte. Im Jahr 1970 ließ Delon auf den Plakaten für den Film „Borsalino“ seinen Namen vor den von Belmondo setzen – obwohl es im Vertrag anders stand. Belmondo boykottiert aus Zorn die Premiere des Filmes, klagte gegen das Plakat und gewann den Streit vor Gericht. Es dauert fast 20 Jahre bis zur Versöhnung der beiden eigenwilligen Stars. Im Jahr 1998 standen sie in der nostalgischen Detektivkomödie „Une chance sur deux“ gemeinsam vor der Kamera.

In den 90ern erwarb er sein eigenes Schauspielhaus

In den 70er-Jahren wandelte sich Belmondo immer mehr vom Komödianten und Actionstar – wobei er von seinem durchtrainierten Körper profitierte. Erst mit knapp über 50 Jahren machte er mit den halsbrecherischen Aktion-Szenen Schluss, als er sich in dem Film „Der Boss“ bei einem Stunt schwer am Kopf verletzte. Als die Kinorollen seltener wurden, kehrte der Star wieder zu seinen Anfängen zurück, dem Theater. Im Jahr 1991 erwarb er in Paris schließlich sein eigenes Schauspielhaus und verwirklichte damit einen Jugendtraum. Belmondo stand in mehr als 40 Rollen auf der Bühne. An seine Zeit als Actionheld dachte er offensichtlich mit wenig Wehmut zurück. „Für die Pariser Kulturszene war ich ein Stuntman geworden, ich wusste nicht mehr, was ich noch machen sollte", erklärte er einmal.

Im Laufe der Jahre meldete sich allerdings immer häufiger sein Körper zu Wort. Im November 1999 erlitt er in der westfranzösischen Stadt Brest auf der Bühne einen Herzanfall und im August 2001 auf Korsika einen Schlaganfall. Seine vier Kinder stammen aus den Beziehungen mit der Tänzerin Elodie Constantin und Nathalie Tardivel. Seine Liaison mit der rund 40 Jahre jüngeren Barbara Gandolfi endete 2012 nach vier Jahren mit einer Trennung.

Immer wieder trat Jean-Paul Belmondo auch zuletzt im französischen Fernsehen auf, gab Interviews und genoss seinen Status als Legende. Während der Filmfestspiele von Venedig wurde er 2016 für seine Karriere mit dem Goldenen Löwen aus den Händen der Schauspielerin Sophie Marceau ausgezeichnet. 2017 wurde er bei der César-Zeremonie für seine gesamte Karriere geehrt. Belmondo wusste allerdings, dass nicht alle seiner Filme große Meisterwerke waren. Auf die Frage, wie er auf seine Karriere zurückblicke sagte er mit seinem typischen verschmitzten Lächeln: „Wie meine Kinder liebe ich alle meine Filme, sogar die Blindgänger!“

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