Arbeitsministerin von der Leyen Debatte über Steuern auf Vermögen

BERLIN · Der neue Armuts- und Reichtumsbericht aus dem Bundesarbeitsministerium schlägt hohe Wellen. Die Botschaft Ursula von der Leyens reichte bis nach Thailand. Dort hielt sich gestern Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler auf.

 Rudert zurück: Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will keine Umverteilungsdebatte lostreten.

Rudert zurück: Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will keine Umverteilungsdebatte lostreten.

Foto: ap

Der FDP-Chef ließ seine Kabinettskollegin von der CDU wissen: Wer mit neuen Umverteilungsvorschlägen komme, liege absolut falsch. Nach dem Bericht werden die Reichen immer vermögender und die Armen in Deutschland immer ärmer.

Auch der Staat gehört zu den Verlierern, denn er nimmt seit Jahren zur Bekämpfung der Finanzkrise ständig neue Schulden auf. So gewinnen die Befürworter einer Vermögensabgabe oder Vermögenssteuer die Oberhand.

Die Vermögenssteuer im engeren Sinn ist seit 1997 in Deutschland ausgesetzt, wie in der Mehrheit der europäischen Staaten. Das meiste Geld holt sich der Staat bei Vermögensbesitzern über die Grundsteuer auf Immobilien und die Erbschaft- und Schenkungssteuer. Im internationalen Vergleich fällt die Vermögensbesteuerung hierzulande gering aus (siehe Grafik).

Doch es gibt Verzerrungen, wie der Steuerexperte Ralph Brügelmann vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln dem GA erklärt: Denn die Grundsteuer, die in den USA und Großbritannien zu einer massiven Vermögensbesteuerung führt, ersetzt in diesen Ländern die kommunalen Anrainergebühren, die dafür in Deutschland erhoben werden, um etwa Straßen zu reinigen und sie instandzuhalten.

Diese Abgaben müsste die OECD eigentlich mit erfassen, meint Brügelmann. Erst die Gesamtbelastung von Löhnen, Unternehmensgewinnen, Kapital und Vermögen durch Steuern und Abgaben ergibt ein vollständiges Bild der Belastung. So macht die Summe der Steuern und Abgaben in Deutschland 36 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus, in Großbritannien sind es 35 Prozent, in den USA nur 24 Prozent.

Der Bericht aus von der Leyens Haus schlägt zudem Alarm angesichts des schwindenden Staatsvermögens. Auch hier relativiert der IW-Experte: Durch die hohe Staatsverschuldung sei zwar das Nettovermögen geschrumpft - 2011 betrug es nur noch elf Milliarden Euro. Dem steht aber ein über die Jahrzehnte gewachsenes Bruttovermögen gegenüber.

Allein der Wert der öffentlichen Anlagegüter wie Straßen und Schulen stieg von 800 Milliarden Euro auf 1,1 Billionen Euro, obwohl der Staat in den vergangenen Jahrzehnten auch massiv privatisiert hat.

"Würden uns zehn Milliarden Euro aus der Vermögenssteuer helfen beim Abbau von zwei Billionen Euro Schulden?", fragt Brügelmann, der findet, dass das Geld besser verwendet wird, wenn es in neue Investitionen fließt: "Nur so können wir unser Wohlstandsniveau halten."

Die Bundesarbeitsministerin ruderte jedenfalls gestern erst einmal zurück. Man soll sie nicht missverstehen. Ihr Berichtsentwurf appelliere an die Vermögenden, sich schlicht stärker sozial zu engagieren. Eine neue Umverteilungsdebatte über Steuern wolle sie nicht lostreten.

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