Drehteam aus Rheinbach Glasfachschüler haben Filmfestivals im Visier

Rheinbach · Ein Dreh-Team aus Rheinbach zeigt eine beeindruckende Dokumentation über Massentierhaltung, Insektensterben und den - gar nicht so bösen - Wolf.

 Tierfilmer Sebastian Koerner filmten die Glasfachschüler bei der Arbeit.

Tierfilmer Sebastian Koerner filmten die Glasfachschüler bei der Arbeit.

Foto: Bernd Siering

Das Paar großer, tiefdunkler Knopfaugen schaut dem Zuschauer direkt ins Gewissen. Ein zartrosafarbenes Ferkel blickt scheinbar fragend in die Kamera. Könnte das Tier in der Sprache der Menschen sprechen, würde es die Frage formulieren: „Möchtest du mich und meine Artgenossen tatsächlich töten, ausweiden, zerteilen, später braten und dann verspeisen?“ Emotionales Kopfkino anstatt entschleunigte Popcornunterhaltung verspricht „Skrupellos“, der Dokumentarfilm der Medienschüler des Berufskollegs Rheinbach, besser bekannt als Glasfachschule. Am Samstag, 9. März, feiert der 46 Minuten lange Streifen so etwas wie eine Weltpremiere in der Beueler Brotfabrik. Ein Jahr lang haben die Glasfachschüler an der bildgewaltigen Umweltdokumentation vom ersten Drehtag bis zur Endfassung gearbeitet.

„Thema des Films ist unser Umgang mit Tieren und welche Probleme wir ihnen bereiten“, berichtet Berufsschullehrer, Filmproduzent und Kameramann Bernd Siering im Gespräch mit dem General-Anzeiger. Der 64 Jahre alte, in Bonn lebende Filmemacher steht den Schülern mit seinem großen Fachwissen zur Seite. Federführend sind Henning Kopp und Adrian Rydzicki für das Kunstwerk im Kinoformat verantwortlich. Zehn junge Frauen und Männer gehören zum Drehteam. Deren weiteste Reise führt die Rheinbacher Glasfachschüler in die Lausitz. Dort berichtet ihnen Tierfilmer Sebastian Koerner über seine Erfahrungen mit dem Wolf und das Vorurteil, er sei eine heimtückische, für Menschen gefährliche Bestie. Der studierte Biologe Koerner warnt eindringlich davor, das Wildtier, welches 150 Jahre lang in Deutschland als ausgestorben galt, als Killermaschine zu dämonisieren. „Diese Ablehnung beruht meiner Ansicht nach nur zum Teil auf ungenügendem oder falschem Wissen sondern oft auf irrationalen Gefühlen und Ängsten“, sagt Koerner. Dabei erfüllten Wölfe im Naturhaushalt eine wichtige Funktion, weiß der Wissenschaftler.

Ein weiteres eindrückliches Thema von „Skrupellos“ ist die Massentierhaltung. „Wir lieben die Tiere, zugleich aber quälen und foltern wir sie in den riesigen Mastanlagen. Warum sind wir so?“, fragt Siering und bemüht sich sogleich um eine Antwort: „Wir verdrängen die Bilder, die wir alle kennen und kaufen weiter Billigfleisch.“ Mit versteckter Kamera dreht das Team, um die Bilder zu finden, die Eindruck hinterlassen. Sie besuchen eine Geflügelmastanlage in der Eifel und interviewen eine radikale Tierzüchterin. Überhaupt sind es die Gesprächspartner, die „Skrupellos“ neben den Bildern die Würze verleihen.

So heften sich die Glasfachschüler mit Kamera und Tonangel an die Fersen von Jäger, Buchautor und Imker Timm Koch aus Rheinbreitbach oder von Zoologieprofessor Wolfgang Wägele vom Museum König in Bonn. Außerdem kommen Elli H. Radinger, die Bestsellerautorin von „Die Weisheit der Wölfe“, und Michael Ullenbruch vom Bioland-Hof Maria Laach ausführlich zu Wort. Die Dokumentation kommentiert die Bonner Philosophin Christina Pinsdorf.

So aufwendig wie das Drehen, so aufwendig ist die Arbeit nach der letzten Klappe. „Wenn man ein Jahr lang dreht, entsteht sehr viel Material und somit wird der Schnitt einer 46 Minuten langen Produktion umfangreich und enorm zeitaufwendig“, sagt Bernd Siering. Das sei nicht mehr während des Schulunterrichts zu bewältigen. Gemeinsam haben Siering, Kopp und Rydzicki bis spät abends oder am Wochenende an dem Projekt gearbeitet. „Wenn der Rohschnitt steht, kommen weitere Arbeiten dazu: Musik, die komponiert werden muss, ein Kommentartext muss geschrieben und gesprochen werden.“ Abschließend sind noch sogenannte Farbkorrekturen und die Tonmischung zu machen sowie die Betitelung und das Konvertieren in ein kinofähiges Format, berichtet der Filmemacher. Wie im vergangenen Jahr mit der Klimaschutzdoku „Wunderwald“ wollen die Glasfachschüler mit ihrem Dokumentarstreifen wieder bei Filmfestivals vorstellig werden. Unter anderem soll er beim NaturVision-Filmfestival in Ludwigsburg zu sehen sein, wie Siering berichtet. Natur-Vision ist ein Filmfest für die ganze Familie und ein renommiertes Branchenfestival, mit internationalem Filmwettbewerb und teils hoch dotierten Preisen. Eine Besonderheit ist, dass die Filmemacher nicht über einen roten Teppich in die Festivalorte gelangen, sondern über einen grünen Teppich. Anschließend sind weitere Filmfestspiele vorgesehen.

Premiere feiert „Skrupellos“ am Samstag, 9. März, 14 Uhr, im Kino der Brotfabrik in Beuel. Karten gibt es für fünf Euro per E-Mail an skrupellos.ticket@gmx.de oder an bernd.siering@topas-film.de. Weitere Vorführungen sind am Samstag, 9. März, 15 Uhr, und am Samstag, 16. März, 15 Uhr.

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