Verpflichtungserklärungen für Syrer Bonner Flüchtlingshelfern drohen hohe Kosten

Bonn · Sie traten in der Krise 2015 für Flüchtlinge ein und bürgten mit ihrem eigenen Geld. Nun werden Helfer vom Sozialamt zur Kasse gebeten.

Flüchtlinge in einem Gummiboot, die Richtung Europa fahren, werden am im Mittelmeer gerettet.

Flüchtlinge in einem Gummiboot, die Richtung Europa fahren, werden am im Mittelmeer gerettet.

Foto: dpa

Ehrenamtliche Flüchtlingshelfer erleben die aktuelle Diskussion um Verpflichtungserklärungen als enttäuschend. Ja, die Rechtslage sei rein juristisch eindeutig, sagt Christoph Nicolai, Sprecher der Syrienhilfe der evangelischen Johannes-Kirchengemeinde. Wer unterschrieben habe, den Unterhalt für gerettete Syrer zu finanzieren, müsse auch nach Asylvergabe weiter zahlen. „Allerdings widersprechen diese juristischen Inhalte den Aussagen der maßgeblichen Politiker auch in Bonn, mit denen sie unser Engagement gewürdigt haben, wie z.B. bei der Verleihung der Sebastian-Dani-Medaille 2015 an uns“, erinnert Nicolai. „Bei Unterzeichnung der Erklärung waren die Bürgen und die Vertreter des Ausländeramts vom guten Willen beseelt, so schnell wie möglich zu helfen.“ Die Notlage der Flüchtlinge und ablaufende Fristen hätten erheblichen Handlungsdruck verursacht. Nun aber drohe den Helfern Strafe statt Wertschätzung.

Um welche Beträge es sich bei Rückzahlungsforderungen auch bei 15 Mitgliedern der Initiative im Einzelnen handeln könnte, schlüsselt Nicolai an einem Einzelfall auf. Einem erwachsenen Syrer, dem man 2015 mit der Verpflichtung die lebensbedrohliche Mittelmeerroute erspart habe, habe das Jobcenter bei einem Leistungsbezug nach Asylvergabe ab Dezember 2016 bis August 2017 pro Monat 900 Euro gezahlt. Jetzt drohe dem Verpflichtungsgeber also eine Rückzahlungsforderung von 8.100 Euro, rechnet Nicolai vor. Der Verpflichtungszeitraum ende aber erst drei Jahre ab Einreise im Oktober 2018. „Demnach werden noch für weitere 13 Monate 11.700 Euro fällig.“ Das sei für die Helfer „bedrohlich“, so Nicolai.

Der Sozialausschuss hatte kürzlich eine entsprechende Vorlage zur Kenntnis genommen. Darin hatte das Amt für Soziales und Wohnen erläutert, dass die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen über die Aufnahmeanordnung des NRW-Innenministeriums im September 2013 gelaufen sei. Zwingende Voraussetzung sei die Abgabe einer Verpflichtungserklärung bereits hier lebender Verwandter oder auch Dritter gewesen, für den Lebensunterhalt aufzukommen. Mit Abschluss des Asylverfahrens hätten viele Bonner Bürger ihre Unterstützung eingestellt. Die aufgenommenen Personen hätten nun Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII erhalten.

Godesberger Syrienhilfe argumentiert dagegen

Das Bundesverwaltungsgericht ginge aber davon aus, dass die Verpflichtung ohne ausdrückliche zeitliche Beschränkung gelten müsse. Deshalb sei das Bonner Sozialamt jetzt gehalten, „die durch Abgabe der Verpflichtungserklärung hierzu Verpflichteten im Regelfall ohne Ermessensausübung zur Erstattung gewährter Leistungen heranzuziehen, sofern dies unter Berücksichtigung der aktuellen Lebensumstände keine unzumutbare Härte darstellt.“

Die Godesberger Syrienhilfe will nun per „Irrtumsvorbehalt“ dagegen argumentieren. „Es ist nicht auszuschließen, dass die Verpflichtungsgeber bei Unterschriftsleistung nicht vollumfänglich über die finanziellen Folgen in Kenntnis gesetzt worden waren oder mündlich unvollständige Informationen erhalten haben“, meint Christoph Nicolai. Das könne eventuell zu einer Nichtigkeit der Haftung führen.

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