Landgericht Bonn Drei Überfälle - und jedesmal entschuldigt

BONN · In den Augen seines Verteidigers ist er ein "netter, angenehmer und hochgradig sensibler Mensch". Doch der so beschriebene 24 Jahre alte Bonner muss sich derzeit für drei bewaffnete Raubüberfälle innerhalb einer Woche vor dem Landgericht verantworten.

Schon während der Ermittlungen hatte der drogenabhängige junge Mann gestanden, im August dieses Jahres zwei Tankstellen und einen Kiosk ausgeraubt zu haben.

Das Besondere an den Taten: Stets hatte sich der maskierte und mit einem Schlagstock bewaffnete Räuber unentwegt bei den Opfern entschuldigt und betont, dass er erpresst werde. Zuvor hatte er einen Zettel mit der Aufforderung auf den Tresen gelegt, das Geld aus der Kasse in eine mitgebrachte Tasche zu stecken.

Laut seinem Anwalt war der Gelegenheitsarbeiter nach der unschönen Trennung der Eltern in die Drogenszene abgerutscht. Eine nach dem erfolgreich absolvierten Abitur begonnene Ausbildung zum Systeminformatiker hatte der Angeklagte abgebrochen. Seitdem lebte er von Gelegenheitsarbeiten und konsumierte immer mehr Drogen. Daher häufte sich bei seinem Dealer ein Schuldenberg in Höhe von 1000 Euro an.

Der 24-Jährige gab vor Gericht an, dass der Dealer ihn wegen des Geldes bedroht und erpresst habe. Weil der Dealer zusätzlich 1000 Euro Zinsen gefordert habe, sei er auf die Idee mit den Überfällen gekommen. Anders als der Verteidiger kam der Staatsanwalt zu dem Schluss, dass nur bei der ersten und zweiten Tat minder schwere Fälle vorliegen: Das Opfer des dritten Überfalls ist massiv traumatisiert und brach im Zeugenstand sofort in Tränen aus. Daher beantragte der Ankläger in seinem Plädoyer insgesamt eine sechsjährige Freiheitsstrafe und zudem die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt.

Eine Drogentherapie ist in den Augen des Verteidigers die wichtigste Maßnahme: "Er will aus diesem Drogensumpf heraus." Seiner Meinung nach reicht eine gut vierjährige Haftstrafe zusammen mit der Unterbringung aus. Auf die Spur waren die Ermittler dem Räuber durch die Auswertung von Telefondaten gekommen. Den letzten Überfall hatte er ganz in der Nähe seiner Wohnung in Kessenich begangen.

Das Urteil soll in der kommenden Woche verkündet werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
´
Klimaschutzkampagne ´