Kommentar zur CDU Merz’ Ein-Mann-Show

Meinung | Berlin · Wer rückt an die Spitze der CDU? Wer wird Kanzlerkandidat? Die große Schlacht um die letzte Volkspartei hat begonnen. Für die Union wird es in die nächsten Wochen aber um mehr gehen, kommentiert unser Autor.

  F riedrich Merz hat seinen Namen in den Ring um den Vorsitz der CDU geworfen.

F riedrich Merz hat seinen Namen in den Ring um den Vorsitz der CDU geworfen.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Bei der CDU droht sich die Frage, wer die Partei künftig führen und wer nächster Kanzlerkandidat werden soll, auf eine Auseinandersetzung zwischen alter Parteiführung und Friedrich Merz zuzuspitzen. Die große Schlacht um die letzte Volkspartei hat begonnen. Nachdem Merz öffentlich hat machen lassen, dass er erneut zur Kampfkandidatur bereit ist, steht die CDU-Führung unter Zugzwang. Nicht nur rein zeitlich. Merz bekam in einer Forsa-Umfrage von den möglichen Kanzlerkandidaten der Union die besten Werte. Nun will er den Moment nutzen und sich als von CDU-Mitgliedern und Anhängern getragene Führungsfigur an die Spitze setzen. Die Chancen sind da, wenn es Merz gelingen sollte, sich als der über der Partei stehende Hoffnungsträger aufzubauen. Die Ein-Mann-Show ist Merz’ Stärke.

Die neue Taktik kann in einer Zeit verfangen, da die üblichen parteipolitischen Spielchen Union und SPD immer wieder in Sackgassen geführt haben. Die Sehnsucht nach einem Erlöser ist groß. Die Gefahr, dass Merz die CDU nicht nur von der politischen Linie Merkels sondern gleich auch von ihrer breiten Wählerschicht erlöst, ist ebenso groß. Die Chancen, dass er am rechten Rand in gleichem Umfang Wähler von der AfD zurückholt, sind gering.

In der Führungs- und Funktionärsebene der CDU gibt es dementsprechend großen Widerstand gegen den Versuch der Ein-Mann-Revolution. Eine erneute Kampfkandidatur würde offensichtlich werden lassen, dass die CDU seit 2018 keinen Schritt weitergekommen ist. Dass die Kluft zwischen liberalem und konservativem Flügel immer noch so groß ist wie bei Merkels Abschied von der Parteispitze.

Für die CDU wird es in den nächsten Wochen um mehr gehen als nur um die Frage, ob mit Laschet eher ein Mann der Mitte oder mit Spahn oder Merz eher ein rechter Flügelmann die Parteispitze besetzt. Für die CDU geht es auch um ihre Zukunft als Volkspartei und als Kanzlerpartei. Sollte sie sich über den Prozess für eine neue Parteiführung zerlegen, dann wird die nächste Bundesregierung von einem Kanzler oder einer Kanzlerin der Grünen angeführt.

Und noch ein Problem hat die CDU: Ursula von der Leyen ist EU-Kommissionschefin, Annegret Kramp-Karrenbauer wird bald keine Parteichefin mehr sein, Merkel tritt ab – der Union fehlen die Frauen. Mit einer männlichen Troika kann man 2021 keine Bundestagswahl mehr gewinnen.

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