Kommentar Pakistans Zukunft - Gefährlicher Trend

Auf einen simplen Nenner gebracht, entschieden sich Pakistans Wähler für die taliban-nahen Parteien von Sieger Nawaz Sharif und den früheren Kricketstar Imran Khan, weil die bisherige Regierung der liberalen und toleranten "Pakistan Peoples Party" (PPP) während der vergangenen fünf Jahre nicht in der Lage war, das Land mit genügend Strom und ausreichend Treibstoff zu versorgen.

Doch hinter der Rekordwahlbeteiligung von 60 Prozent der 86 Millionen Wahlberechtigten verbirgt sich ein gefährlicher Trend: Pakistans Bewohner verlieren den Glauben an das demokratische System. Imran Khan verkörperte mit dem Versprechen vom "Naya Pakistan", dem neuen Pakistan, die Hoffnung der Wähler in den gehobenen Schichten und in den Städten.

Sie wollen endlich den Kreislauf sich abwechselnder etablierter Parteien durchbrechen, die im Wahlkampf den Himmel auf Erden versprechen und anschließend in einem Sumpf von Misswirtschaft und Korruption versinken.

Sharif ist alles andere als ein Hoffnungsträger, weil er in der Vergangenheit bewiesen hat, dass er dem halbfeudalen System angehört, dessen Sippen sich dank der Stimmen der Landbevölkerung an der Macht abwechseln und anschließend ihr Mandat zur Selbstbereicherung zur Vermehrung des eigenen Wohlstands nutzen.

Viele pakistanische Städter betrachten die Demokratie als "eine Diktatur der Dummen". Sie wollen statt dessen politisches ein System,in dem nur moralisch aufrechte, gut erzogene Personen das Sagen haben. Diese Vorstellung entspricht auch nahezu fugenlos den Ideen der radikalislamischen Talibanmilizen und erzkonservativer religiöser Gruppen, die einen islamischen Gottesstaat am Indus anstreben.

Die jüngste Wahl in Pakistan hat mit Sharif wieder einen Vertreter der abgewirtschafteten Politiker-Kaste an die Macht gebracht hat, die das Land seit Beginn der 80-er Jahre bremst. Es ist überaus zweifelhaft, ob er der Herausforderung gewachsen ist, die Pakistaner von dem gefährlichen Irrglauben abzubringen, ein autoritärer oder gar totalitärer Gottesstaat sei besser für sie als ein demokratisches System.

Im Grund hat er nur eine Chance. Er muss die marode Wirtschaft des Landes für ein paar Jahre auf Wachstumskurs zu bringen, um die unzufriedene Bevölkerung zu besänftigen.

Seine letzte, im Jahr 1999 von General Pervez Musharraf per Putsch vorzeitig abgebrochene Amtszeit legt den Verdacht nahe, dass Sharif mit Demokratie selbst und ihren international anerkannten Regeln nur wenig anfangen kann. Denn damals ließ er kurzerhand den Obersten Gerichtshof von seinen Anhängern stürmen, als die Richter sich ihm wiedersetzen wollten.

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