Kommentar Urteil gegen Putin-Gegner Nawalny - Mundtot

Eine gepackte Tasche sollte man immer zu Hause haben, für den Notfall hinter Gittern", sagt ein russisches Sprichwort. Alexej Nawalny hatte seine Tasche gepackt.

Denn politische Prozesse häufen sich im Land. Russlands Politik entledigt sich seiner Gegner immer noch gern mit Hilfe der Justiz. Vom System aus den Zeiten des Stalinismus hat sich das Land nicht allzu weit entfernt.

Vor allem seit Wladimir Putin zurück auf dem Präsidentenstuhl ist, verschärft sich die Lage für Regierungskritiker, die "Feinde" und "Agenten des Westens", wie sie Russlands Präsident nennt. Er hat eine Reihe von Gesetzen unterschrieben, die Freiheits- und Versammlungsrechte einschränken.

Mit Verboten befeuert er den Hass auf Homosexuelle, lässt seine Beamten unangekündigt Nichtregierungsorganisationen durchsuchen und macht dabei auch vor ausländischen Büros nicht halt. Er schafft ein Klima der Angst. Schon ziehen sich die Wutbürger von Dezember 2011, die zu Hunderttausenden auf die Straßen gingen, in ihre Küchen zurück - oder wandern aus.

Nawalny hat nun seine Kandidatur für den Bürgermeisterposten in Moskau zurückgezogen. Von "Boykottwahl" sprechen seine Unterstützer. Die Moskauer Wahlkommission versucht zu beschwichtigen. Auf die bekannte zynische Art. "Trotz der Umstände", heißt es da, könne er zur Wahl antreten. Nawalny spielt bei solchen Spielchen nicht mit. Der Kreml hat ihn mundtot gemacht und tritt mit solchen Vorschlägen noch nach.

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