Beethoven Orchester Stefan Blunier gestaltet "Mendelssohn um 11"

Bonn · "Nicht die äußere Dürre und Blässe ist ein Kennzeichen des wahrhaft Christlichen in der Kunst", hat Heinrich Heine geschrieben, "sondern eine gewisse innere Überschwänglichkeit, die weder angetauft noch anstudiert werden kann." Das war vor allem pro Rossini und contra Mendelssohn gedacht.

Heine liegt freilich bei Felix Mendelssohn-Bartholdy nicht ganz richtig. Das kann man gut überprüfen an der Reformations-Sinfonie, die diesmal in der Beethovenhalle bei "Mendelssohn um 11", der Sonntagsreihe des Beethoven Orchesters, im Mittelpunkt stand.

Mendelssohn hat diese seine Jugendarbeit - er schrieb die Sinfonie als 21-Jähriger - nicht sonderlich geschätzt, aber auch da kann man den Komponisten getrost vor sich selbst in Schutz nehmen. Das Werk - in seinem Schlussteil eine Choralbearbeitung über "Ein feste Burg ist unser Gott" - hat bei manch gelehrsamem Leerlauf schon eine Menge an Überschwang zu bieten.

Dirigent Stefan Blunier holte das auf schöne Art aus der Partitur heraus, er zauberte gewissermaßen ein bisschen "Sommernachtstraum" aus der zur 300. Wiederkehr der Confessio Augustana komponierten Bekenntnis-Sinfonie. Da gab es neben Weihe und Wucht viel Heiteres und Gelöstes, Beschwingtes und Federndes; das Beethoven Orchester prunkte dabei mit Glanz in allen Stimmen.

Eine Bach-Kantate in ein Mendelssohn-Programm zu stellen, bietet sich quasi von selbst an, schließlich war Mendelssohn der Entdecker Bachs im 19. Jahrhundert. Mit der Kantate "Mein Herze schwimmt in Blut" (BWV 199), die den Heilsweg eines reumütigen Sünders nachvollzieht, zeigten sich Blunier und sein Orchester als ganz erstaunlich wendige Bach-Interpreten, die einen frischen und sehr leichten Klang bevorzugten.

Veredelt wurde das von der jungen spanischen Sopranistin Nuria Rial, die kurzfristig für die erkrankte Kirsten Blaise eingesprungen war. Rial, inzwischen mit vier Klassik-Echos ausgezeichnet, entpuppte sich als wahrer Glücksfall: eine klare Stimme voller Natürlichkeit und Geläufigkeit, makellos rund und schön. Die sensibel gezeichneten solistischen Beiträge aus dem Orchester - Gunde Hamraths (Oboe) und Susanne Roehrig (Bratsche) - komplettierten diese geradezu ideale Bach-Interpretation.

Begonnen hatte die konzertante Auseinandersetzung mit dem Religiösen in der Musik mit César Francks "Rédemption" (Erlösung), einem sinfonischen Stück, dessen Überschwang sich vor allem in einer Wanderung durch die Tonarten manifestiert. Blunier und das Orchester entwickelten in Ruhe und Gelassenheit eine knappe Viertelstunde lang satte Klänge, und bei manchen Bläser-Wendungen fühlte man sich, als sei man bereits mitten in den Feierlichkeiten zum Wagner-Jahr.

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