Busfahrer muss nach Unfall in Oberpleis 900 Euro zahlen

Der 63-Jährige war einem Schüler mit seinem Fahrzeug über den Fuß gerollt und weitergefahren

  Beengt:  So ähnlich dürfte es auch ausgesehen haben, als ein Bus der Linie 520 in Oberpleis einen elfjährigen Schüler verletzte. Das Foto entstand im Februar.

Beengt: So ähnlich dürfte es auch ausgesehen haben, als ein Bus der Linie 520 in Oberpleis einen elfjährigen Schüler verletzte. Das Foto entstand im Februar.

Foto: Frank Homann

Oberpleis. Der Busfahrer Henry L. hat Glück gehabt. Weil der heute zwölfjährige Schüler Leutrim aus Vinxel nur eine vergleichsweise geringe Verletzung erlitt, als ihm der 63-Jährige mit einem Fahrzeug der Linie 520 in Oberpleis über den Fuß fuhr, kam er am Donnerstag bei der Hauptverhandlung im Amtsgericht Königswinter relativ glimpflich davon. Der Busfahrer aus Hennef-Uckerath erhielt eine Geldauflage in Höhe von 900 Euro, gegen die das Verfahren eingestellt wurde.

Das Geld, das Henry L. bis Ende August zahlen muss, kommt der Bonner Tafel zugute. Die ursprüngliche Anklage wegen Körperverletzung hatte die Staatsanwaltschaft bereits zuvor fallen gelassen. Der Busfahrer war lediglich wegen Unfallflucht angeklagt.

Der Vorfall ereignete sich am 8. Januar gegen 13.20 Uhr an der Haltestelle Dollendorfer Straße. Nach der sechsten Stunde drängten dort, wie jeden Tag, hunderte von Real- und Hauptschülern an den Drängelgittern vorbei zu den Bussen der Rhein-Sieg-Verkehrsgesellschaft (RSVG), um nach Hause zu fahren. Der damals noch elfjährige Selimi, der die Hauptschule besucht, wollte in den hinteren von zwei Bussen einsteigen, dessen Tür jedoch noch verschlossen war.

In diesem Moment setzte sich der vordere Bus in Bewegung, woraufhin Henry L. mit seinem Fahrzeug ein Stück vorfahren wollte. Dadurch kam es zu einem Gedrängel, wobei Leutrim durch hinter ihm stehende Schüler in Richtung Bus gedrückt wurde. "Ich bin geschubst worden und auf meine Kusine gefallen", sagte der Zwölfjährige am Donnerstag vor Gericht aus, wohin ihn seine große Schwester begleitet hatte.

Dabei geriet er mit seinem linken Fuß unglücklicherweise vor das rechte Vorderrad des Busses. "Ich habe gesehen, dass mein Fuß blutet und bin mit meinen beiden Freunden in den Bus eingestiegen", erzählte Leutrim. Die drei Schüler nahmen zunächst auf der Rückbank Platz. Henry L. erkundigte sich nach Leutrims verletztem Fuß und wollte anschließend die Zentrale der RSVG informieren, als ihm ein anderer Schüler mitteilte, dass die drei Jungs den Bus bereits wieder verlassen hätten. Daraufhin setzte Henry L. die Fahrt mit rund 20 Minuten Verspätung fort.

Genau dies hätte er nicht tun dürfen. "Sie hätten recherchieren müssen und nicht einfach wegfahren dürfen", sagte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft Anne Ilge. Auch der Verteidiger, der Oberpleiser Anwalt Sebastian Schuster, räumte ein, dass sein Mandant es versäumt habe, an Ort und Stelle zu bleiben, was er später bereut habe.

Stattdessen rief einer von Leutrims Freunden mit dem Handy einen Krankenwagen herbei. In der Sankt Augustiner Kinderklinik wurden ein Überrolltrauma und Platzwunden an Leutrims linkem Fuß diagnostiziert. Vier Tage nach dem Unfall suchte ein Vertreter der RSVG den Schüler zu Hause auf und überreichte ihm als Geste der Betroffenheit einen Fußball. Im Mai zahlte die RSVG dem Jungen zudem ein Schmerzensgeld in Höhe von 1 500 Euro.

Möglicherweise hatte dazu auch der dramatische Artikel in einer Boulevardzeitung beigetrage, in dem der Schüler behauptete, der Busfahrer habe ihn aufgefordert, den Bus zu verlassen. Das habe ihm einer seiner Freunde gesagt, erzählte Leutrim am Donnerstag.

Der Richter, Amtsgerichtsdirektor Ulrich Feyerabend, konnte der Argumentation des Verteidigers einiges abgewinnen, der darauf verwies, dass sich Henry L. jahrzehntelang als Busfahrer nichts habe zuschulden kommen lassen. "Sie haben außerdem Glück, dass es nur geringfügige Verletzungen waren", so Feyerabend.

Auch von einem Führerscheinentzug sah er ab. Seit dem 25. Mai ist Henry L. ohnehin Rentner. "Ich bin froh, dass ich nicht mehr fahren muss", sagte er dem General-Anzeiger. Seit 1975 habe er morgens und mittags das Oberpleiser Schulzentrum angefahren. "Ich wundere mich, dass da jahrelang nichts passiert ist." Eine Gefahrenquelle sieht er vor allem in den Drängelgittern. "Die bringen überhaupt nichts. Da müssten Lehrer aufpassen", ist er überzeugt.

"Busfahrer haben es schwer", räumte am Donnerstag auch die Vertreterin der Staatsanwaltschaft ein. Und Ulrich Feyerabend meinte an Leutrim gewandt, halb fragend, halb feststellend: "An den Drängelgittern ist es ganz schön gefährlich, nicht wahr?" Leutrim widersprach ihm nicht.

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