Sensoren helfen Leben zu retten

SANKT AUGUSTIN · Fraunhofer-Forscher entwickeln ein computergestütztes Rettungs- und Simulationssystem für Feuerwehrleute. Es soll Einsätze intelligent koordinieren und die Kommunikation der Wehrleute vereinfachen

 Bei diesem Feuer in Sieglar mussten sich Feuerwehrleute durch stark verrauchte Räume kämpfen. Das Leben einer Bewohnerin konnten sie nicht mehr retten.

Bei diesem Feuer in Sieglar mussten sich Feuerwehrleute durch stark verrauchte Räume kämpfen. Das Leben einer Bewohnerin konnten sie nicht mehr retten.

Foto: Axel Vogel

Sie riskieren ihr Leben und kämpfen sich oft mit Atemschutz in ihren Schutzanzügen durch dichten Rauch. Feuerwehrleute sind bei ihren Einsätzen im höchsten Maß gefordert.

Wo sind Verletzte? Wo ist der nächstliegende Ausgang, falls sich die Helfer in Sicherheit bringen müssen? Oft sehen sie nichts und sind einzig und allein auf eine Sicherheitsleine angewiesen, die sie aus einem kleinen Sack, den sie am Mann tragen, auswerfen. Die aber ist schwer zu erkennen im Rauch, und sie weist nur einen Weg zurück. Eine Verbindung zu einem zweiten Einsatztrupp gibt es nicht. Es funktioniert, ist aber nicht das Optimum.

Forscher am Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik (FIT) in Sankt Augustin haben sich darüber Gedanken gemacht, wie man Einsätze intelligent koordinieren und die Kommunikation der Einsatzkräfte verbessern kann. Helfen sollen dabei ein Simulationsbaukasten und sensorgestützte Systeme.

"Wir haben dazu Prototypen entwickelt, die auch schon von Feuerwehrleuten getestet worden sind, mit Erfolg", sagt Mirko Geeissler vom FIT-Institut, der im Team von Markus Valle-Klann an der Entwicklung dieses neuartigen Systems mitarbeitet. Projektleiter Valle-Klann ist für erste Tests bereits selbst in die Feuerwehrmontur geschlüpft.

Mit den speziellen Simulationswerkzeugen können Helfer neue Techniken schon in der Entwicklungsphase realitätsnah testen, schauen, ob das Sensorsystem funktioniert und an ihre Bedürfnisse anpassen. "Fire-Sim" nennt sich der vierstufige Simulationsbaukasten.

Das erste Modul besteht aus einem Brettspiel, mit dem Rettungskräfte Einsätze rollenbasiert durchspielen können. Das zweite Modul ähnelt einem Computerspiel: Mehrere Feuerwehrleute sitzen an einem Computer, auf dessen Bildschirm sie den Einsatzort aus der Ich-Perspektive sehen. Sie bewegen sich durch den virtuellen Raum, öffnen Türen und bergen Verletzte.

Unterstützt werden sie in dem "Spiel" von Sensoren, die alle drei Meter ausgeworfen werden und Teil eines Netzwerkes sind. Die Sensoren melden ihre Informationen und Positionen über eine spezielle Kamera, die in die Atemschutzmaske des Feuerwehrmannes eingebaut ist. Er erhält Informationen über seinen Weg, den er im verrauchten Gebäude geht, und erfährt auch, wann er das Gebäude verlassen muss, ehe der Sauerstoff ausgeht.

Mit diesen Simulationen lassen sich die Sensor-Prototypen anpassen, in kurzer Zeit ändern und in komplexen Einsatzszenarien erproben. "Die Pariser Feuerwehr hat das schon durchgespielt, und auch mit Kölner Feuerwehrleuten haben wir das erfolgreich getestet", sagte Geissler.

Die Sensoren sind auch vernetzt mit einem Tablet-PC, den die Gruppenführer bei einem Einsatz bei sich haben. Darüber erfahren sie, wo sich die Trupps gerade befinden. So können in schwierigen Situationen, etwa bei der Rettung eines Opfers, schnell Anweisungen gegeben werde. Der Tablet-PC wiederum ist mit einem Rechner bei der Einsatzleitung verbunden, die darüber schneller einsatztaktische Entscheidungen treffen kann.

Wie das Ganze in der Wirklichkeit funktioniert, lässt sich mit der dritten Simulationsart herausfinden. Sie vermischt Virtuelles und Realität. Die Einsatzkräfte spielen ein Szenario in einer realen Umgebung als Übung durch, wobei sie zum Beispiel eine Person aus einem verrauchten Gebäude bergen.

Dabei tragen sie das in ihre Ausrüstung integrierte Sensor-System. Am Arm befinden sich kleine Druckknöpfe, mit denen sie ihre Position und Richtung mitteilen können. Gleichzeitig läuft eine Simulation, in der alle realen Handlungen der Einsatzkräfte von Helfern nachgespielt werden. Die Daten werden per Funk auf die Displays der Feuerwehrleute übertragen.

Aus den ausgewerteten Daten werden in einem vierten Schritt Verhaltensmodelle kreiert. Der Computer errechnet, wie der Großeinsatz unter Berücksichtigung der Verhaltensmodelle verlaufen wird. "Wir sind überzeugt, dass das System in Zukunft Menschenleben retten kann", sagte Geissler. Bis die Technologie ausgereift ist, werden indes noch ein paar Jahre vergehen.

Vom 6. bis 10 März stellen die Forscher das System auf der CeBIT in Hannover vor.

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