Jugenddorf-Christophorusschule Programm gegen das Sitzenbleiben aufgelegt

KÖNIGSWINTER · Was vereint Guido Westerwelle, Peer Steinbrück und Edmund Stoiber? Alle haben in der Schule eine Ehrenrunde drehen müssen. Und sie sind nicht die einzigen Promis, unter deren Zeugnis einst ein "Nicht versetzt" prangte: Moderator Johannes B. Kerner zum Beispiel scheiterte an Chemie und Physik, Fußballer Mehmet Scholl blieb wegen Fünfen in Latein und Französisch sitzen.

 Lernen kann auch Spaß machen: Individuelle Förderung der Schüler heißt das Rezept am CJD.

Lernen kann auch Spaß machen: Individuelle Förderung der Schüler heißt das Rezept am CJD.

Foto: Frank Homann

Dennoch haben die meisten Schüler Angst davor, den Sprung in die nächste Klasse nicht zu schaffen und als "Loser" dazustehen. Am CJD Königswinter gibt es jetzt ein Programm gegen das Sitzenbleiben. "Individuelle Förderung" lautet das Zauberwort, das frühzeitig verhindern soll, dass das Klassenziel nicht erreicht wird.

Der Erfolg kann sich sehen lassen: "Es ist zur absoluten Ausnahme geworden, dass ein Schüler die Klasse wiederholen muss", freut sich Johannes Heide, Schulleiter des Gymnasiums. "Und das ist auch gut so." Denn Sitzenbleiben erschüttere das Selbstvertrauen und werde von den betroffenen Schülern oftmals als Demütigung empfunden.

Waren es im Schuljahr 2008/2009 noch 2,4 Prozent aller CJD-Schüler, die eine Ehrenrunde drehen mussten, so wurde im Schuljahr 2011/2012 nur weniger als ein Prozent der mehr als 1400 Gymnasial- und Realschüler nicht versetzt. "Unser Ziel ist es nicht, die Schüler auf Teufel komm raus zu versetzen", betont Heide. "Sie sollen das Klassenziel nicht geschenkt bekommen, sondern es am Ende auch wirklich erreicht haben."

Ziel eines eigens erarbeiteten Stufenmodells zur individuellen Förderung ist vor allem die Prophylaxe: "Wir möchten verhindern, dass bei den Klassenarbeiten Defizite zu Tage treten, die letztendlich die Versetzung gefährden können", erläutert Unterstufenkoordinatorin Monika Einhoff. Um das Potenzial, das jedes Kind mitbringe, auch vollständig auszuschöpfen, werden den Schülern zum Beispiel im Unterricht verschiedene Lernwege angeboten.

"Man hat ja in einer Klasse ganz unterschiedliche kleine Persönlichkeiten sitzen, die auch eine ganz unterschiedliche Art zu lernen haben." Im Zusatzfach "Individuelles Lernen" erfahren die Schüler zudem methodische Dinge: Wie organisiere ich meine Lernzeit, oder wie sieht ein Arbeitsplatz aus? Besonders stolz ist man am CJD auf das "Drehtürmodell", das immer dann greift, wenn ein Schüler in einer Arbeit eine schlechtere Note als glatt ausreichend geschrieben hat.

Im Förder-Silentium haben diese Schüler dann die Gelegenheit, ihre Defizite mit Hilfe von Mentoren aus der Oberstufe auszugleichen. Sobald die Lücken geschlossen sind und die Noten wieder besser werden, können die Schüler die zeitlich begrenzte Fördermaßnahme verlassen. Ein Angebot, das im Gegensatz zu herkömmlicher Nachhilfe für die Eltern kostenlos ist. "Die Schule trägt die Kosten sowohl für die Mentoren als auch für die betreuenden Lehrer", so Heide.

Individuelle Förderung heißt am CJD auch Beratung. Bei einem Schülersprechtag haben Schüler und Lehrer gemeinsam Gelegenheit, über Probleme, Stärken und Schwächen beim Lernen zu reden. "Die Schüler sollen den Lehrer ja nicht nur als jemanden erleben, der sie benotet, sondern auch als denjenigen, der sie unterstützt und ihnen Selbstvertrauen gibt", betont Einhoff.

Tatsächlich erfordere dies aber auch ein Umdenken bei den Lehrern: "Viele sind ja noch im traditionellen Rollenverständnis ausgebildet worden." Dazu haben unlängst vier Lehrerinnen des CJD erfolgreich eine Weiterbildung an der Universität Münster abgeschlossen. Als "Experten für individuelle Förderung" geben sie nun ihr gesammeltes Fachwissen an ihre Kollegen weiter.

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