Nach Santiago de Compostela Heimerzheimer Ehepaar pilgerte 2876 Kilometer

Swisttal-Heimerzheim · Ute und Willi Lethert aus Heimerzheim sind 2876 Kilometer nach Santiago de Compostela gepilgert. Das Tagebuch ist im Handel erhältlich

 Ute und Willi Lethert legen auf dem Camino del Norte eine Pause ein.

Ute und Willi Lethert legen auf dem Camino del Norte eine Pause ein.

Foto: Lethert

Ende 2009 musste sich Ute Lethert, damals 43, einer Operation unterziehen. Ihr wurde eine künstliche Herzklappe eingesetzt. Kurz danach benötigte sie für eine knapp einen Kilometer lange Runde um ihr Haus eine Stunde. Aus diesem frustrierenden Erlebnis sollte aber der Impuls für acht außergewöhnliche Pilgerreisen erwachsen.

Ihr Mann Willi Lethert, heute 54, motivierte seine Frau, gemeinsam nach Santiago de Compostela aufzubrechen. Nicht von heute auf morgen, sondern nach einem durchdachten Aufbautraining und akribischer Reiseplanung. Von 2011 bis 2017 legte das Ehepaar, das in Heimerzheim ein EDV-Unternehmen führt, an 131 Pilgertagen 2876 Kilometer zurück.

Was die beiden zwischen dem Start am Kölner Dom und der Ankunft in Santiago de Compostela erlebten, hat Willi Lethert nun in einem kurzweilig geschriebenen Buch auf gut 500 Seiten zusammengefasst. „Jakobus reist erster Klasse – Tagebuch einer Pilgerreise“ heißt das Werk, das in der Heimerzheimer Buchhandlung Bookcompany und bei den Letherts selbst für 24,95 Euro zu haben ist.

Bei jedem Wetter weiterlaufen

Das Buch ist gespickt mit Zahlen, Daten, Fakten und Karten. Jede Tagesetappe wird beschrieben und mit Fotos von der Strecke illustriert. Bevor das Ehepaar am 10. März 2011 am Hauptportal des Kölner Doms startete, verfügten beide bereits über vielfältige sportliche Erfahrungen. „Wir sind in den Dolomiten geklettert, haben die Alpen vom Bodensee bis Venedig überquert und sind Gleitschirm geflogen“, berichtet Lethert. Nach der OP wurde die Fitness durch Spaziergänge, die nach und nach länger wurden, langsam gesteigert.

Da die Letherts die Übernachtungen vor der Reise buchten, mussten sie die Etappen auch bei jedem Wetter gehen – bei Kälte, Regen und bei 38 Grad Hitze. Und weil sie keinen Gepäckservice in Anspruch nehmen wollten, mussten auch die Rucksäcke geschleppt werden: Willi Lethert band sich zwölf Kilo auf den Rücken, seine Frau Ute zehn. Dabei kam es schon beim Packen auf Details an. Lethert ließ den schweren Elektrorasierer zu Hause und packte den leichten Nassrasierer aus Kunststoff ein. Wieder ein paar hundert Gramm an Ballast gespart.

Da man sich auf der ersten Reise (zwölf Tage von Köln bis Trier, 284 Kilometer) hin und wieder verlaufen hatte, („da haben wir Lehrgeld gezahlt“) verließen sich die Letherts auf der zweiten Tour von Trier bis Dijon (19 Tage, 462 Kilometer) auf die GPS-Technik. Sie trafen unterwegs Menschen aus allen möglichen Ländern und knüpften viele Kontakte. Die Begegnungen seien aber meist nur kurz gewesen, denn jeder habe seinen eigenen Schritt.

Zwiespältige Gefühle bei der Ankunft

Die Letherts genossen es, lange Passagen alleine schweigend zurückzulegen. „Für uns standen ja auch religiöse Gründe im Vordergrund. Wir haben viele Kirchen besichtigt. Leider waren viele geschlossen“, berichtet Willi Lethert. Der Weg habe sie mental und körperlich an Grenzen gebracht, es sei viel Zeit zum Nachdenken gewesen, verschollen geglaubte Gedanken seien wieder aufgetaucht.

Die Letherts planten die etwa 15 bis 25 Kilometer langen Tagesetappen so, dass sie am späten Nachmittag ihre Unterkunft erreichten. Das konnte ein kleines Hotel oder eine Privatpension bei einer alten Frau sein. „Wenn ich mal viel fotografiert hatte, konnte es auch mal 20 Uhr werden, bis wir im Hotel waren.“ Die mannshohen hölzernen Pilgerstöcke dienten nicht nur als „Gehhilfe“, sondern auch zur Verteidigung. „Da haben selbst große Hunde Respekt vor“, sagt Lethert.

Welche Geschichte hinter dem Titel des Buches steckt, verrät der Autor im Buch. Es ist eine sehr persönliche. Jedenfalls hat das Paar keinen Meter auf der 2876 Kilometer langen, auf acht Reisen verteilten Pilgertour bereut. Die Letherts sagen: „Auf dem Weg nach Santiago sind alle gleich. Und der Weg verändert jeden.“

Die Ankunft am 14. August 2017 um 12.10 Uhr an der Kathedrale verursachte zwiespältige Gefühle: „Überwältigend. Wir sind froh, das Ziel endlich erreicht zu haben. Und gleichzeitig traurig, dass es nun vorbei sein soll.“

Willi Lethert: „Jakobus reist erster Klasse“, 516 Seiten, 24,95 Euro. Erhältlich in der Heimerzheimer Buchhandlung Bookcompany und bei Willi Lethert privat.

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