Obstbäumen den richtigen "Erziehungsschnitt" geben Vorsicht vor den Kleiderhaken

WACHTBERG · Hochstämmige Obstbäume im eigenen Garten sind etwas Feines, vorausgesetzt, der Besitzer weiß, wie er das Gehölz zu pflegen hat. Die Erfahrung musste auch Petra Faerber-Simon machen. In ihrem Garten in Niederbachem gedeihen ein Cox-Apfelbaum und eine Herzkirsche. Freilich nicht so, wie Petra Faerber-Simon sich das bislang vorgestellt hat. Deshalb hatte die Gartenfreundin selbst zur Astschere gegriffen.

Im Baum sitzt Forstwirt Hans Bunert. Für den Verein zur Pflege und Förderung der Streuobstwiesen in Wachtberg demonstriert er den richtigen Schnitt.

Foto: Vogel

Doch der gewünschte Erfolg blieb aus: Die Kirsche wuchs zu stark in die Höhe und im Apfelbaum wuchern jede Menge überflüssiger Wassertriebe. Was die Niederbachemerin falsch gemacht hatte? "Ich habe die Obstbäume zu stark beschnitten." Diese und andere erhellende Erkenntnisse gewannen Petra Faerber-Simon sowie rund ein Dutzend weiterer Teilnehmer am Samstag anlässlich eines speziellen Schnittkurses vor der Burg Münchhausen. Eingeladen hatte der Verein zur Pflege und Förderung der Streuobstwiesen in Wachtberg.

Wer Obst ernten will und zudem auf eine lange Lebensdauer setzt, sollte seine Bäume nicht sich selbst überlassen. Auch Finger weg von der Säge, wenn man kein Vorwissen hat. Das waren zentralen Botschaften, welche Kursleiterin Dorothee Hochgürtel, engagierte Biolandwirtin aus Züllighoven und Forstwirt Hans Bunert den Teilnehmern in Theorie und Praxis vermittelten. Dabei richteten sich die Tipps der Fachleute vor allem an jene Obstbaumbesitzer, die auch wirklich Äpfel und Kirschen ernten wollen.

"Obst ist eine Kulturpflanze, und um schönes Obst zu ernten, muss der Mensch gezielt Hand anlegen", sagt Hochgürtel. Überlasse man den Baum beispielsweise sich selber, wachse der oft nach oben, es entstünden Naturkronen, "ohne dass Licht in die übrigen Teile des Baumes fallen kann", erklärt sie weiter; "Die Folge ist, unten sterben die Äste ab, das Obst gedeiht nur ganz oben, und die Früchte fallen klein aus." Zudem biete der Baum mit seiner üppigen Krone dem Wind viel Angriffsfläche. Die Statik des Baums sei somit stärker gefährdet.

Auch wer falsch schneidet, dem Baum etwa gleich einen Fassonschnitt in Kugelform verpasst, wird laut Landwirtin Hochgürtel nicht den gewünschten Erfolg haben: "Vielmehr wachsen die ungeliebten Wassertriebe, was zu einer weiteren Verdichtung der Kronen führt", so die Kursleiterin.

Der Effekt ist: "Es wächst viel Holz. Und wo viel Holz wächst, gibt es nur wenig beziehungsweise überhaupt kein Obst." Um einen ertragreichen und gesunden Obstbaum zu züchten, gibt Hochgürtel folgende Faustformel aus: "In den ersten zehn Jahren brauchen hochstämmige Obstbäume einen sogenannten Erziehungsschnitt." Die Züllighovenerin rät sogar, diesen Schnitt jährlich durchzuführen, weil die Baumkrone so eine Struktur bekomme und die Stabilität insgesamt gestärkt werde. Nur so schaffe es ein Baum, bis zu 500 Kilogramm Äpfel zu tragen. Hochgürtel verweist dabei auf eigene Erfahrungswerte.

Wie der richtige Baumschnitt funktioniert, demonstrierte Forstwirt Bunert. Dazu kletterte er mit der Handsäge in der Krone eines etwa 20 Jahre alten Apfelbaumes vor der Burg Münchhausen, der in der Vergangenheit eher weniger geschnitten worden war. Dabei sägte der Forstwirt nach Grundregeln: Er schuf Lichtschächte, auch um Krankheiten wie Schorf vorzubeugen. Zudem wurden die Äste sauber abgesägt, sonst sprießen aus den alten Stümpfen unschöne "Kleiderhaken", erklärte Dorothee Hochgürtel vom Boden aus. Eben jede Menge neuer Triebe, die man an der Stelle nicht haben will.

Kursteilnehmerin Petra Faerber-Simon verfolgte alle Demonstrationen aufmerksam. Schließlich steht sie bei ihren Kindern in der Pflicht: Bislang wuchsen die Kirschen auf ihrem Baum zu hoch, so dass sich bislang allein die Vögel bedient hatten.

Weitere Infos unter www.streuobst-wachtberg.de.