Bahnhof Bad Godesberg Ein "unbequemes Denkmal"

BAD GODESBERG · Was, der Bad Godesberger Bahnhof mit seinen abplatzenden Kachelwänden, hinter denen schon das blanke Mauerwerk hervorlugt, soll ein Denkmal sein?

 Godesberger Bahnhof: Die knallrote Fassadenbemalung aus den 1970er Jahren ist inzwischen einem dezenten Beige gewichen.

Godesberger Bahnhof: Die knallrote Fassadenbemalung aus den 1970er Jahren ist inzwischen einem dezenten Beige gewichen.

Foto: Ronald Friese

Bernd Birkholz, Kassenwart des Heimat- und Geschichtsvereins Bad Godesberg, kennt die ungläubigen Fragen selbst Einheimischer. Ja, der Stadtteilbahnhof sei eben "ein unbequemes Denkmal", schreibt er nun in der kommenden Ausgabe der Heimatblätter. Und blickt in Wort und Bild unterhaltsam in die Geschichte dieses oft verkannten und vor allem völlig vernachlässigten über 100-jährigen Baus zurück. Dabei war der heutige Bahnhof gar nicht mal der erste in der ehemaligen Badestadt. Sein Vorgänger aus dem Jahr 1855 war einige Jahrzehnte etwa 50 Meter nördlich nahe der heutigen "Alten Bahnhofstraße" gelegen.

Doch die Wohlstandsbürger des angrenzenden Villenviertels hatten sich von Lärm, Schmutz und Staub des dazugehörenden Güterbahnhofs belästigt gefühlt. Außerdem traf das heimische Sprichwort hier im Zentrum laufend zu: "Entweder et rähnt, oder man is mööd, oder de Schranke sin zoo", so dass 1908 die Königlich Preußische Eisenbahn-Verwaltung zwar nichts gegen Regen und Müdigkeit tun konnte, aber dem "grünen" Gesundheitsstandort für 120.000 Mark einen neuen Bahnhof am Rande der Promeniermeile gönnte.

Die Bahntrasse wurde höhergelegt, Unterführungen entstanden. Und Architekt Friedrich Mettegang verließ sich wie auch bei seinen Bahnhöfen in Aachen, Köln-Mülheim und -Kalk ganz auf den Zeitgeschmack, so Birkholz: Auch Mettegangs stattlicher Godesberger Bahnhof hatte drei Kuben: die zentrale Halle nebst Giebel Richtung West-Ost, so dass hohe Fenster für viel Tageslicht sorgten, und beiderseits davon Anbauten mit Giebeln nach Nord und Süd.

Nicht zu vergessen waren der dekorativ wichtige Uhrturm sowie die hölzernen Loggia an der Giebelseite, so dass der Bahnhof seine "Schokoladenseite" von nun an den vom Kurpark kommenden Reisenden zeigte. Heiter stellt Birkholz die immer wieder aufkommende Stilfrage: Hatte Mettegang gemäß Jugendstil, Bauhaus, Heimatstil oder Neubarock gebaut?

Was den Streit kunsthistorischer Einordnung beschrieb, aber letztlich für den Wert des Baus doch wieder sekundär war: Am 1. Mai 1908 fuhr auf jeden Fall der erste Schülerzug in den damaligen Bildungsstandort ein. Von da ab schleppten in den ersten Jahrzehnten besonders vermögende Kaufleute, Pensionäre und Studenten, die vor Ort gerne die Stiftungsfeste ihrer Vereinigungen feierten, ihr Gepäck über die Bahnsteige.

Und das unbequeme Denkmal selbst? 1989 wurde das "Empfangsgebäude des Bahnhofs Bonn-Bad Godesberg" mit der Nummer A1694 in die Denkmalliste der Stadt Bonn eingetragen. An der Erhaltung und Nutzung bestehe aus wissenschaftlichen und städtebaulichen Gründen öffentliches Interesse.

Da hatte der Bau schon einiges an zeitgemäßen Veränderungen hinter sich, etwa die poppig knallrote Fassadenbemalung aus den 1970er Jahren, die inzwischen wieder einem dezenten Beige gewichen ist. Wo jetzt in der Klangstation Rockgruppen auftreten, hatte der Bau einst eine große Gaststätte beherbergt. Öffentliche Toiletten waren selbstverständlich gewesen, ebenso wie Schließfächer und Gepäckbänder zu den Bahnsteigen hin. Alles Vergangenheit. Der Godesberger Bahnhof vegetiert heute als todtrauriges Beispiel eines für Kinderwagen und Rollstühle unbezwingbaren Tors zur Welt vor sich hin. Und doch.

Birkholz bricht gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Sanierungspläne eine Lanze für den heute vom Zahn der Zeit so erbärmlich angefressenen, weil vom Besitzer vernachlässigten Bau: Herrlich falle das Licht heute wie vor über 100 Jahren durch die großen Fenster der immer noch imposanten Eingangshalle. Schön seien der Brunnen an der Südseite, die großflächige Bemalung der Wände und der mehrfach gestufte Übergang zur Kassettendecke. Der Bahnhof sei es trotz seines bedauernswerten Zustands auf jeden Fall wert, einmal genauer betrachtet - und vor allem endlich umfassend saniert zu werden.

  • Der Text "Der Bad Godesberger Bahnhof - ein unbequemes Denkmal?" von Bernd Birkholz erscheint in den Godesberger Heimatblättern 52 im Februar 2015.

Sanierung soll im April beginnen

Die Modernisierung des Bad Godesberger Bahnhofs ist seit 2000 geplant und wurde immer wieder verschoben. Im September 2014 teilte die Deutsche Bahn mit, das mit Landesmitteln finanzierte 6,8 Millionen Euro-Projekt endlich im April 2015 zu starten. Vorarbeiten laufen schon. Der Tunnel soll komplett umgebaut werden und bis Juli 2016 schönere Wände erhalten. Zu den Gleisen hin wird auf der rechten Seite der Bahnhofshalle der erste Aufzug gebaut, die anderen beiden jeweils an den Aufgängen zu den Bahnsteigen. Zum Von-Groote-Platz hin soll eine behindertengerechte Rampe entstehen, für die laut Bahn die Stadt zuständig sei. Der Umbau des Bahnhofs soll den Zugverkehr nicht erheblich einschränken.

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